"Die Erinnerung retten" - Ausstellung in Mantua
Im norditalienischen Mantua erzählt eine informative und spannende Ausstellung über das waghalsige Leben jener Menschen, die versuchen, Kunst zu schützen: in Kriegen, Bürgerkriegen oder nach Katastrophen. Ein solcher Held unter den Kunstrettern war der Syrer Chales Assam.
8. April 2017, 21:58
Wie kein anderer kannte er die antiken Ruinen von Palmyra, deren Chefarchäologe er war - bis zu seiner Ermordung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Mehr über ihn und seine heldenhaften Kollegen erfährt man in der Ausstellung "Monuments Men" ("Salvare i Monumenti", 18. März bis 2. Juni) im Archäologischen Nationalmuseum in Mantua.
Mittagsjournal, 14.3.2016
"Obwohl wir alle ihn dazu aufgefordert haben, Palmyra zu verlassen, blieb er und versuchte die Schätze vor den Barbaren zu bewahren. Er vertraute darauf, dass niemand die antiken Ruinen anrühren würde." Ein folgenschwerer Fehler, erklärt Paolo Matthiae, einer der angesehensten italienischen Archäologen. Der vom IS ermordete Chefarchäologe von Palmyra ist der Held der Ausstellung in Mantua, die das Wirken heutiger Kunstretter vorstellt. Die werden im Ausstellungstitel "Monuments Men" genannt. In Anlehnung an den von George Clooney 2014 gedrehten Film zu jener US-Brigade, die während des zweiten Weltkriegs in Europa bedrohte Kulturgüter zu retten suchte.
Die Ausstellung im Nationalmuseum für Archäologie stellt moderne Kulturretter vor. Wie eben Khaled Asaam, der für seinen Einsatz mit seinem Leben bezahlen musste. Die zerstörten Buddhas im Taliban-Afghanistan, die Brücke von Mostar und Palmyra und jetzt auch die bedrohten antiken Städte in Libyen: Die Ausstellung zeigt, wer wo und wie Kunst zu retten versucht. Ausstellungskuratorin Sandrina Bandera: "Wir verfolgen hier einen generellen, universellen Ansatz. So berichten wir nicht nur von Helden wie Asaam in Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten, sondern auch von 'Monuments Men', die nach Katastrophen zum Einsatz kommen. Wie hier bei uns nach dem schweren Erdbeben 2012, als viele Menschen halfen, die Kulturgüter zu retten."
Als 2012 in Mantua der Boden bebte
Mantua, eine Hochburg der italienischen Renaissance. Als 2012 die Erde bebte, kamen bedeutende historische Gebäude zu Schaden. Darunter der Palazzo Ducale mit Mantegnas Hauptwerk, dem so genannten Hochzeitszimmer. Obwohl vom Einsturz bedroht, begannen Kunstschützer nach dem Beben umgehend mit dem Rettungs- und den Restaurierungsarbeiten dieses Freskos.
Die Ausstellung berichtet von spektakulären Rettungsaktionen in Sachen Kunst, nicht nur durch Experten - wie jene italienischen Fachleute, die im iranischen Bam, einer uralten Stadt ganz aus Lehm, die 2003 von einem üblen Erdbeben schwer beschädigt wurde, die noch stehenden Gebäude zu konservieren versuchen.
Hochwasser in Florenz 1966
Berichtet wird auch von freiwilligen Kulturrettern, die zum Beispiel 1966, als Florenz von einem verheerenden Hochwasser des Arno heimgesucht wurde, zu tausenden aus ganz Europa in die Hauptstadt der Toskana strömten, um Museen und Kirchen von Wasser und Schlamm zu befreien. Sandrina Bandera: "Das ist wohl das herausragendste Beispiel von Hilfsbereitschaft zur Rettung historischer Monumente, das historisch überliefert ist. Dank des spontanen Einsatzes dieser vielen Helfer, konnte in Florenz das Schlimmste verhindert werden."
Die Kulturblauhelme
In der letzten Ausstellungssektion werden die "Blauhelme der Kultur" vorgestellt. Das ist eine ganz neue Einheit aus Archäologen, Restauratoren und anderen Experten, die vom italienischen Kulturministerium kürzlich ins Leben gerufen wurde - in Zusammenarbeit mit der Weltkulturorganisation UNESCO. Die Kulturblauhelme, so die Intention, sollen international zum Einsatz kommen, Schäden ermitteln und Rettungsarbeiten koordinieren. Aber erst dann, wenn, wie im Fall Palmyra oder in Libyen, die Terroristen abgezogen sind. Und wann das der Fall sein wird, ist mehr als unklar.
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