Russischer Abzug aus Syrien

Die Nachricht kam gestern Abend mehr als überraschend: Russland wird seine Truppen aus Syrien abziehen. Und zwar schon ab heute, das hat der russische Präsident Vladimir Putin am Abend in Moskau angekündigt. Auf Details, wie viele Soldaten bis wann abgezogen werden, dazu hat sich Putin nicht geäußert. Die Ankündigung kommt jedenfalls zu einem nicht unwichtigen Zeitpunkt - gestern wurden in Genf die Syrien-Friedensgespräche wieder aufgenommen.

Wladimir Putin und Sergej Lawrow

APA/AFP/SPUTNIK/MIKHAIL KLIMENTYEV

Morgenjournal, 15.3.2016

Aus Moskau,

Heute vor 5 Jahren, am 15. März 2011, setzt man den Beginn des syrischen Bürgerkriegs an. Ein Jugendlicher hat da in der Stadt Daraa die Parole an die Wand gesprayt: Das Volk will den Sturz Assads. Die Polizei hat den Burschen verhaftet; für das Regime war das das Signal, mit aller Gewalt gegen die Protest-Bewegung vorzugehen. Heute, am 5. Jahrestag, und über 270.000 Tote später, sieht es so aus, als hielte der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg für entschieden. Ab heute will er nämlich die russischen Truppen aus Syrien abziehen. Das hat er am Abend - zur weltweiten Überraschung - angekündigt. Was genau dahinter steckt, das lässt sich noch schwer sagen. Putin verkauft die Nachrichten jedenfalls als Erfolgsmeldung.

Die Aufgabe unseres Militärs in Syrien ist erfüllt - sagt der russische Präsident am Abend im russischen Fernsehen. Um dann zu erklären, was er unter "erfüllt" versteht: „Unter Mithilfe Russlands sei es der syrischen Armee gelungen, eine grundlegende Wende im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu erreichen und in fast jeder Hinsicht wieder die Initiative zu übernehmen", so Vladimir Putin.

Dass genau dies der Kritikpunkt des Westens am russischen Militäreinsatz ist, nämlich dass dieser Einsatz letztlich nur die Position Assads gestärkt hat, fand da nicht Erwähnung. Im Gegenteil: Putin betont Russlands Rolle als Friedensstifter: Wir haben mitgeholfen, die Basis für einen Friedensprozess zu schaffen. Und Putin macht klar, dass Russland dabei eine größere Rolle spielen will. Der Abzug der russischen Soldaten sei jedenfalls ein positives Signal an alle Konfliktparteien und neues Vertrauen schaffen, sagt Putin. Ob das aber wirklich erreicht werden kann, ist höchst fraglich. Zumal Putin alle Details über den angekündigten Abzug schuldig blieb: nur soviel: heute soll damit begonnen werden. Kein Wort davon aber, wann der Abzug abgeschlossen sein wird.

Außerdem bleiben der russische Flottenstützpunkt im syrischen Tartus und die Luftwaffenbasis in Latakia weiterhin aufrecht. Zu guter letzt gibt es auch weiterhin die russischen Kriegsschiffe im Schwarzen Meer, von wo aus im Prinzip jederzeit Luftangriffe auf Stellungen in Syrien geflogen werden können. Aber militärischer Abzug klingt immer gut und Putin setzt sich damit wieder einmal in diesem Syrienkonflikt als Player in Szene, auf den der Westen bloß reagieren kann.

Der Abzug liegt aber auch im ureigenen militärischen Interesse Moskaus: der Einsatz in Syrien ist kostspielig, und könnte, wenn er noch länger dauert, auch noch sehr heikel werden. Jetzt auszusteigen, wenn es durch die Waffenruhe erste Befriedungserfolge gibt, ist für Moskau sicherlich ein günstiger Moment, den der russische Präsident nicht verstreichen lassen wollte.