"Unorthodox": Jüdische Autorin bricht aus

Vom Ausbruch einer jungen Frau aus einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde in New York handelt das Buch "Unorthodox" der US-Amerikanerin Deborah Feldman. Darin verarbeitet die in New York geborene und in Berlin lebende Autorin ihre eigene Lebensgeschichte. Bei seinem Erscheinen in den USA 2012 wurde das Werk sofort zum Bestseller.

Morgenjournal, 19.4.2016

Deborah Feldman hat ihr Buch in der Wiener Hauptbücherei vorgestellt

23 Jahre im engen Regelkorsett

Die ersten 23 Jahre ihres Lebens hat Deborah Feldman in Brooklyn verbracht, in der chassidischen Satmar-Gemeinde im Stadtteil Williamsburg - völlig isoliert vom Rest der Welt in einem engen Regelkorsett: Frauen haben sich unterzuordnen, nach der Heirat muss ihr Kopf kahl geschoren sein, sie dürfen weder lesen noch singen oder Sport treiben.

Englisch ist für die rund 120.000 Satmarer eine verbotene, unreine Sprache, die Gründung des Staates Israel eine Gotteslästerung, im Holocaust sehen sie eine Strafe für die Assimilierung der Juden. Es gibt genaue Essens-, Kleidungs- und Verhaltensvorschriften, Ehen werden arrangiert, Verhütungsmittel sind verboten, Fernsehen auch.

Macht das Gott glücklich?

Schon früh stellt Deborah Feldman die Regeln der Satmarer-Gemeinde infrage: "Wie können wir Gott gefällig sein mit unseren kleinen Anstrengungen, den dickeren Strümpfen, den längeren Röcken? Reicht das wirklich schon, um Gott glücklich zu machen?" Aber auch Thora und Talmud sind Männersache. Heimlich hat Deborah Feldman zu lesen begonnen, nach ihrer Zwangsverheiratung hat sie drei Jahre lang ihre Flucht vorbereitet. Deborah Feldman war 23, als sie ihrem kleinen Sohn aus Williamsburg floh. Heute lebt sie in Berlin.

Bericht im lakonischen Ton

Deborah Feldman legt hier einen genauen Bericht vor über das Leben in einer scheinbar fugendichten Welt. Ihr Buch ist keine Abrechnung, vielmehr erzählt sie in lakonischem Ton und ohne Hass und liefert so einen beklemmenden Befund. "Ich habe keine Vergangenheit, an die ich mich klammern könnte", schreibt Deborah Feldman, "die letzten dreiundzwanzig Jahre gehören jemand anderem, jemandem, den ich nicht mehr kenne."

Service

Deborah Feldman, "Unorthodox", Secession-Verlag
Originaltitel: "Unorthodox: The Scandalous Rejection of My Hasidic Roots", Simon & Schuster

Der Standard - Deborah Feldman: "Bücher waren Treibstoff meiner Fantasie"