"Die Kommune" im Kino
Im Alter von sieben bis 19 Jahren hat der dänische Regisseur Thomas Vinterberg in einer sogenannten Kommune gelebt. Dabei hat der 46-jährige Däne Erfahrungen gesammelt, die er in seinem 2011 am Wiener Akademietheater gezeigten Theaterstück "Die Kommune" verarbeitet hat. Nun hat Vinterberg aus dem Stoff auch einen Film gemacht.
8. April 2017, 21:58
Für ihre Hauptrolle als Ehefrau wurde die dänische Schauspielerin Trine Dyrholm bei der heurigen Berlinale mit dem Silbernen Bären als beste Darstellerin ausgezeichnet.
Morgenjournal, 20.4.2016
Wie weit geht das Teilen?
Kann das schon alles gewesen sein? Anna (Trine Dyrholm) will noch einmal ein Abenteuer in ihrem Leben. Kein sexuelles, sondern ein soziales. Denn das funktionierende Zusammenleben in einer Kleinfamilie mit Frau, Mann und Kind sowie in gut situierten Verhältnissen hat sich etwas abgenutzt. Als Ehemann Erik (Ulrich Thomsen), ein Architekturdozent, 1975 ein großes Haus erbt, sieht Anna ihre Chance: das Zusammenleben in einer Kommune. Erik ist skeptisch: Er will in keiner Kommune leben.
Kultur des Teilens
Doch schnell ist ein halbes Dutzend Freunde gefunden, und man tut, was man in einer Kommune halt so tut: gemeinsam kochen, essen, trinken, gemeinsam das Leid an der Welt teilen, irgendwie dabei versumpfen, um am nächsten Tag mit schwerem Kopf aufzuwachen. Thomas Vinterberg zelebriert im ersten Teil des Films eine Kultur des Teilens, die Praxis von Geben und Nehmen. Natürlich gäbe es beim Teilen eine Grenze und genau diese wolle der Film in einer Art Experiment ausloten, so Thomas Vinterberg.
Nachsichtige Ehefrau
Dieses gewagte Experiment beherrscht den zweiten Teil des Films: Wie weit sind Menschen bereit, auch Liebe und Intimität zu teilen? Erik beginnt eine Affäre mit einer Studentin, Ehefrau Anna gibt sich erst mal nachsichtig. Doch Gefühle lassen sich nicht so einfach dressieren, gesellschaftliche Konventionen und klassische Rollenbilder nicht so einfach ausknipsen. Nach und nach bringt Vinterberg Illusionen zum Einsturz, stellt dem harmonischen Schein des Liberalen das ungemütliche Sein des Autoritären gegenüber, lässt den Gefühlen hinter nur eingebildeter Toleranz freien Lauf.
Keine bittere Abrechnung
Der Film "Die Kommune" lässt die Romantik individueller und gesellschaftspolitischer Solidarität nochmals aufleben, feiert die Idee von Selbstbestimmung und Basisdemokratie zugleich, um sie in ihrer Widersprüchlichkeit behutsam und oft unfreiwillig komisch, aber dennoch schonungslos an die Wand zu fahren. Keine bittere Abrechnung, sondern ein trauriger Blick zurück mit sanfter Melancholie. Und wer bitte wäscht jetzt das Geschirr ab?