Schauspielerinnen und Schauspieler lesen, was sie lieben
Lieblingsgedichte
Jeden Sonntag hören 180.000 Menschen in der Ö1 Reihe "Du holde Kunst" Gedichte, vorgetragen von Schauspieler/ innen. Im Mai erwartet sie eine Besonderheit, denn die Vortragenden sind auch jene, die die Gedichte auswählen.
8. April 2017, 21:58
ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Mit Tucholskys Gedicht An das Publikum wird Martin Schwab beginnen: "Es lastet auf dieser Zeit - der Fluch der Mittelmäßigkeit ", heißt es da. "Dichten ist Verdichtung von Gedanken. Uns wieder darauf zu besinnen, das ist die einzige Rettung", so der Burgschauspieler. Für Martin Schwab und seine Frau Inga sind Gedichte eine Art Lebensmittel und Bestandteil ihrer Lebensgewohnheiten. "Aus dem großen Fundus an Lyrischem lese ich meiner Frau jeden Tag am Morgen ein Gedicht vor", sagt Schwab. Seine aktuellen Favoriten sind allesamt Gedichte aus dem 20. Jahrhundert.
Immanuel Kant, "Kritik der Urteilskraft"
"Unter allen Künsten behauptet die Dichtkunst - die fast gänzlich dem Genie ihren Ursprung verdankt und am wenigsten durch Vorschrift oder durch Beispiel geleitet sein will - den obersten Rang. Sie erweitert das Gemüt dadurch, dass sie innerhalb der Schranken eines gegebenen Begriffs die Einbildungskraft in Freiheit setzt", schreibt Kant.
Belebung, Reflexion, Bestärkung - das vermag ein gutes Gedicht als eine Art Essenz des Humanen zu leisten. "Nach der Dichtkunst würde ich … die Tonkunst setzen. Wenn sie zwar durch lauter Empfindungen ohne Begriffe spricht und nicht, wie die Poesie, etwas zum Nachdenken übrigbleiben lässt, so bewegt sie doch das Gemüt mannigfaltiger, und obgleich bloß vorübergehend, doch inniglicher", schreibt Kant. Beide, die Poesie und die Tonkunst, verbinden sich in der Sendereihe Du holde Kunst.
"Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille/sich lautlos auf -/Dann geht ein Bild hinein,/geht durch der Glieder angespannte Stille -/und hört im Herzen auf zu sein". Rilkes Der Panther liegt Markus Meyer am Herzen. Rilke, Kastner, Mörike und Goethe sind Fixstarter für den Burgtheaterstar und Hörspiel- "Schauspieler des Jahres".
Überraschen wird manchen das Gedicht, mit dem Otto Schenk seine Auswahl eröffnet: "Lasst Euch nicht verführen/zu Fron und Ausgezehr! Was kann Euch Angst noch rühren?/Ihr sterbt mit allen Tieren/und es kommt nichts nachher" - Bert Brechts "Gegen Verführung".
Den Reigen der Lesungen eröffnet Erika Pluhar mit ihrer sehr persönlichen Rilke-Auswahl.