Die Salzburger Festspiele 2016

Wie im Traum …

"Wir sind aus jenem Stoff gemacht, aus dem die Träume sind, und unser kleines Leben liegt im Schlaf." Dieses Zitat stammt aus William Shakespeares Stück "Der Sturm", das heuer eine zentrale Neuinszenierung der Festspiele sein wird. Der Prosperos Gedanken innewohnende Zauber liegt wie ein zarter Schleier über der pulsierenden Aktivität des Festspielbezirks. Wachsein/Traum, Realität/Utopie, pures Sein/Fiktion - oft nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt.

Thomas Adès' "The Exterminating Angel"

Auch zwei Operninszenierungen spielen mit unterschiedlichen Ausprägungen der Metapher Traum. Die Vorlage von "The Exterminating Angel" des Briten Thomas Adès ist der surrealistische Film "Der Würgeengel" von Luis Buñuel. Man könnte sagen, eine Gesellschaft feiernder Menschen wird aus ihrer unbekümmerten Feierlaune herausgerissen und findet sich in einem Albtraum wieder: Eine unsichtbare Macht scheint sie massiv daran zu hindern, das Haus des großzügigen Gastgebers zu verlassen. Das RSO Wien wird unter der Leitung des Komponisten die Uraufführung spielen.

Vielen ist das Bild von Gustav Klimt bekannt, das Danae im Schlaf zeigt, im Traum Göttervater Zeus in Gestalt eines Goldregens erwartend. Richard Strauss verarbeitete den Stoff in seinem kaum bekannten Spätwerk "Die Liebe der Danae", einer heiteren Mythologie in drei Akten (Inszenierung Alvis Hermanis, die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst, in der Titelrolle Krassimira Stoyanova).

Charles Gounods Oper "Faust", die mit Goethes Stück wohl eine der berühmtesten Vorlagen hat, wird von Reinhard von der Thannen inszeniert, in den Hauptrollen Piotr Beczała, Maria Agresta und Ildar Abdrazakov, die Wiener Philharmoniker spielen unter der Leitung von Alejo Pérez.

"Il templario" von Otto Nicolai

Als echte Rarität kann die konzertante Aufführung der Oper "Il templario" angesehen werden, 1840 in Italien triumphal uraufgeführt, zur selben Zeit in unseren Breiten zumindest bei der Kritik als "triviale Opernmusik" durchgefallen. Die Musik stammt von Otto Nicolai, dem Gründer der Wiener Philharmoniker, die unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada musizieren. In den Titelrollen zu erleben sind Joyce DiDonato und Juan Diego Floréz.

Die Wiener Philharmoniker werden zudem unter Riccardo Muti am 15. August mit Richard Strauss’ "Der Bürger als Edelmann" und Anton Bruckners Symphonie Nr. 2 und unter Mariss Jansons am 21. August mit Emanuel Ax als Solisten in Mozarts Klavierkonzert Nr. 22, KV 482 und Bruckners Symphonie Nr. 6 in Ö1 live zu hören sein.

Friedrich Cerha & György Kurtág

Facettenreich zeigen sich auch die anderen Schwerpunkte des Konzertteils. Zuerst einmal gibt es große Persönlichkeiten zu feiern: Friedrich Cerha und György Kurtág wurden im Februar binnen zweier Tage 90 Jahre alt.

Ausgewählte Kammermusik Kurtágs spielt das Trio Mark Simpson, Klarinette, Antoine Tamestit, Viola, und Pierre-Laurent Aimard (Ausschnitte aus "Játékok" und "Signs, Games and Messages") und stellt dem Werk "Hommage à R. Sch. " Kammermusik Robert Schumanns gegenüber. Auch das Klangforum Wien gratuliert, und zwar mit "Botschaften des verstorbenen Fräulein R. V. Trussova" unter der Leitung von Sylvain Cambreling.

Es wäre nicht Friedrich Cerha, der ewig Produktive, hätte er nicht eine Uraufführung im Gepäck - das RSO Wien unter Cornelius Meister wird "Eine blassblaue Vision", ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele, zur musikalischen Realität werden lassen. Das öenm, das Österreichische Ensemble für Neue Musik, gibt Klassiker wie die "Keintate" (erste Fassung Anfang der 1980er Jahre), eine Vertonung von Wiener Sprüchen des Dichters Ernst Kein und "Quellen" aus dem Jahr 1992 wieder, das Klangforum Wien hat Kompositionen Cerhas aus jüngster Zeit auf dem Programm ("Les Adieux", 2005/07, und "Bruchstück, geträumt", 2009).

Thomas Adès ist auch als Komponist von Kammermusik vertreten. Gemeinsam mit dem Calder Quartet präsentiert er sich als Kammermusikpartner am Klavier in seinem "Piano Quintet" aus dem Jahr 2000, zudem erklingt noch sein Werk Arcadiana aus dem Jahr 1994.

"Halleluja - Oratorium balbulum" von Péter Eötvös

Und schließlich der ungarische Komponist und Dirigent Péter Eötvös. Das Klangforum Wien spielt unter seiner Leitung die Werke "Chinese Opera" (1986), "Shadows" (1995) und dazu die "Sonata per sei" (2006). Einen Höhepunkt bildet sein Werk "Halleluja - Oratorium balbulum", das von den Wiener Philharmonikern unter Daniel Harding uraufgeführt wird. Unterstützt von den Solisten Iris Vermillion und Topi Lehtipuu, dem Chor des ungarischen Rundfunks und dem Schauspieler Peter Simonischek (als Sprecher).

In der Reihe "Ouverture spirituelle" rückt nach den großen Weltreligionen die Musik der Ostkirchen in den Mittelpunkt und wird der großen Tradition der westlichen Sakralmusik gegenübergestellt: Joseph Haydns "Die Schöpfung" unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin ist genauso Teil dieser Serie wie Ausschnitte aus Rachmaninows "Vesper", Arvo Pärts "Da pacem Domine" und Alfred Schnittkes "Konzert für Chor" mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks unter seinem neuen Leiter Howard Arman.

Die Mozart-Matineen

Im Mittelpunkt der Mozart-Matineen steht das Mozarteumorchester Salzburg, das heuer sein 175-jähriges Bestehen feiert: Zu hören ist es in der 2. Mozart-Matinee mit zwei Debütanten, dem jungen Bassisten Tareq Nazmi und dem Dirigenten Constantinos Carydis, der 3. Mozart-Matinee mit dem scheidenden Chefdirigenten Ivor Bolton, der in seiner Amtszeit das Mozarteumorchester zu neuen Höhenflügen führte, und der 5. Matinee unter Altmeister Sir Neville Marriner, jugendliche 92 Jahre alt, wenn er in der letzten Matinee vor das Orchester tritt.

Das Klavierduo Dennis Russell Davies und Maki Namekawa bringt erstmals Strawinskys "Psalmensymphonie" in der Bearbeitung Dmitri Schostakowitschs zur Aufführung. Der Bariton Christian Gerhaher und sein kongenialer Klavierpartner Gerold Huber präsentieren ausgewählte Schubert-Lieder. Lionel Bringuier debütiert am Pult der Camerata Salzburg mit Ravel, Kodály und Gershwin.

Young Conductors Award

Ein ganz wesentliches Förderprogramm stellt der Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award dar. Der Preisträger aus dem Vorjahr, Lorenzo Viotti, bestreitet ein anspruchsvolles Programm mit Dmitri Kabalewski, Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 und Alexander Skrjabins Symphonie Nr. 2, zusammen mit der Solistin Khatia Buniatishvili und dem RSO Wien.

Das Auswahlverfahren des Conductors Awards 2016 findet erstmals während der Festspiele gemeinsam mit der Camerata Salzburg statt. In drei Konzerten können sich die drei neuen Preisträger/innen mit ihren Programmen dem Publikum präsentieren.

Text: Gertrude Mittermeyer

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