Es kommen härtere Tage

Schön, zerbrechlich, widersprüchlich, genial: Das alles und noch mehr war die Kärntner Dichterin Ingeborg Bachmann. Sie wäre am 25. Juni neunzig Jahre alt geworden.

Ingeborg Bachmann

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Mit 47 Jahren starb Ingeborg Bachmann in ihrem römischen Zuhause bei einem Brandunfall. Geblieben sind nicht nur ihre Werke, ihre Romane, Gedichte, Libretti und Hörspiele. Geblieben ist auch ein nach ihr benannter und weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannter Literaturpreis, der Ingeborg-Bachmann-Preis. Und geblieben ist ein Mythos: Ingeborg Bachmann war nicht nur ein brillanter Kopf, eine politisch unbestechliche Intellektuelle und literarisch argumentierende Vordenkerin der Frauenbewegung, sondern auch eine schreibende Diva, eine glamouröse Ikone des literarischen Lebens ihrer Zeit, eine Primadonna assoluta der Dichtkunst. Solche Zuschreibungen haben sich durch ihren tragischen Tod noch verstärkt.

Herabfallende Zigarettenasche wurde ihr zum Verhängnis, in Kombination mit einer Medikamentensucht, deren Ausmaß sich erst mit Ingeborg Bachmanns Tod offenbarte. Nach drei Wochen im Sauerstoffzelt starb die Dichterin am 17. Oktober 1973 im römischen Krankenhaus Sant'Eugenio nicht nur an den Verbrennungen, sondern auch an den Entzugserscheinungen, verursacht durch unsachgemäß verschriebene und übermäßig konsumierte Beruhigungsmittel.

Vieles aus Bachmanns Leben ist heute bekannt: die von ihr als "tödlich" bezeichneten emotionalen Verletzungen durch ihren Lebensgefährten, den Schweizer Schriftsteller Max Frisch. Oder ihre Liebe zum deutschen Komponisten Hans Werner Henze, für dessen Opern sie Libretti schrieb, und mit dem gemeinsam sie trotz seiner Homosexualität eine Künstlerehe plante. Nur wenige Menschen wussten zu Bachmanns Lebzeiten von ihren extremen inneren Widersprüchen, die sich auch daraus ergaben, dass es für eine Frau zumindest eine Generation zu früh war, ein facettenreiches Leben wie das ihre zu führen. Ingeborg Bachmann suchte neue Lebensformen. Und sie war nicht zuletzt eine rastlose Reisende, die ihr Herkunftsland liebte, aber auch floh.

Diskussion im RadioKultuhaus am 16. Juni

Wer wäre Ingeborg Bachmann, wenn sie heute noch lebte? Und was bedeutet sie uns heute? Wie Friederike Mayröcker und Ilse Aichinger in den 1920ern geboren, prägte die Bachmann mehrere Autorengenerationen. Diesen und noch weiteren Fragen widmet sich am 16. Juni um 19:30 Uhr eine Diskussionsveranstaltung im ORF RadioKulturhaus.

Ö1 feiert ab 10. Juni

90 Jahre alt wäre Ingeborg Bachmann heuer, und seit 40 Jahren gibt es den nach ihr benannten Preis. Jährlich in Klagenfurt nach einem mehrtägigen Wettlesen verliehen, zählt der Ingeborg-Bachmann-Preis zu den renommiertesten, aber auch umstrittensten Literaturpreisen des deutschsprachigen Raums. Vom 10. bis zum 26. Juni gedenkt Ö1 in verschiedenen Sendereihen der Dichterin, ab 27. Juni blicken wir in vier mittäglichen Folgen auf literarische Highlights des nach ihr benannten Preises zurück, um schließlich am 4. Juli den Gewinnertext des Jahres 2016 vorzustellen.