Wahlanfechtung trübt Angelobungsfahrplan

Die Wahlanfechtung durch die FPÖ macht's nötig: der Angelobungstermin des neuen Bundespräsidenten am 8. Juli wackelt, weil noch nicht feststeht, ob die Entscheidung für Alexander van der Bellen der Beurteilung durch das Verfassungsgericht standhält. Daraus ergeben sich Probleme, die heute von der Präsidiale des Nationalrats besprochen worden sind, das im Fall des Falles die Agenden des Bundespräsidenten übernehmen würde.

Alexander Van der Bellen

APA/GEORG HOCHMUTH

Mittagsjournal, 10.6.2016

Eines ist sicher: der amtierende Bundespräsident Heinz Fischer wird am 8. Juli auf jeden Fall verabschiedet. Aber ob dann im Anschluss gleich Alexander Van der Bellen als neues Staatsoberhaupt angelobt wird, das ist unsicher und hängt davon ab, ob der Verfassungsgerichtshof bis dahin schon über die Wahlanfechtungen entschieden hat. Nationalratspräsidentin Doris Bures sagt, ihr Ziel sei, dass am 8.Juli die Amtsübergaben von Dr. Heinz Fischer an Prof. Van der Bellen erfolge und dass sich die Frage nicht stelle. Aber man habe sich darauf vorzubereiten.

Alle Vorbereitungen für die Einberufung der Bundesversammlung, vor der der neue Bundespräsident angelobt wird, werden auf jeden Fall getroffen – mit dem Vorbehalt, dass an diesem Tag ein amtliches Wahlergebnis vorliegt.

Rechtlich sei das möglich, das hätten mehrere Rechtsgutachten ergeben, so Bures. Konkret notwendig ist zunächst ein Beschluss des Ministerrates, der an den Bundespräsidenten geht, der dann seinerseits zur Angelobung des neuen Bundespräsidenten einlädt. Aber eben, wie gesagt, unter Vorbehalt.

Sollte der Verfassungsgerichtshof mit der Prüfung der Wahlanfechtungen nicht rechtzeitig fertig werden, dann könnte kein neues Staatsoberhaupt angelobt werden. In diesem Fall würden die drei Präsidenten des Nationalrates die Agenden des Bundespräsidenten vorübergehend übernehmen, und zwar als Kollegialorgan. Eine eigene Angelobung ist dafür nicht notwendig.

Dieses Gremium entscheidet mit Mehrheit. Sollte einer der drei Präsidenten verhindert sein und Gleichstand herrschen, entscheidet der oder die Ranghöhere.

Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass das Nationalratspräsidium die Agenden des Staatsoberhauptes übernimmt. Im Jahr 2004 verstarb Thomas Klestil wenige Tage vor Ende seiner Amtsperiode, das Präsidium musste also für drei Tage übernehmen. 1974, nach dem Tod von Franz Jonas, umfasste der Vertretungszeitraum immerhin drei Monate.