Shootingstar Car Seat Headrest im Wiener Fluc

Jahrelang war Will Toledo alias Car Seat Headrest nur einer verschworenen Fangemeinde auf der Internet-Plattform Bandcamp bekannt. Dann trudelte ein Mail des Indie-Labels Matador in Toledos Postfach ein und die US-Band verwandelten sich vom Nischen-Act zu Kritiker-Darlings. Die Fanschar wuchs und die Alben "Teens of Style" und "Teens of Denial" wurden international abgefeiert. Heute Abend gastiert die Gruppe im Wiener Fluc.

Morgenjournal, 16.6.2016

Mit 23 bereits 13 Alben

Im Jahr 2016 ist es selten geworden, dass eine klassische Rock-Band Fans und Kritiker gleichermaßen begeistert. Längst schon tummeln sich musikalische Überraschungen und Innovationen eher in den Sparten Elektronik, Hip-Hop oder R 'n' B. Eine Band aber sorgte in den vergangenen Monaten für fast schon ekstatische Lobeshymnen - und das sowohl in den USA wie auch in Europa: Car Seat Headrest rund um Sänger Will Toledo. Im Juli erscheint das neue Album "Teens of Denial" auch bei uns.

Mit seinen schwarzen Hornbrillen, dem schüchternen Blick und den weichen Gesichtszügen sieht Will Toledo aus wie der Prototyp des sinnsuchenden Außenseiters. Der Mann hinter Car Seat Headrest ist erst 23 und hat bereits 13 Alben veröffentlicht. Vor sechs Jahren gründete Toledo die Gruppe. Damals war er noch in der High School. Für die ersten vier Alben brauchte er gerade einmal vier Monate, seither veröffentlicht er ein Album pro Jahr.

Internet-Plattform Bandcamp

Bekannt wurde Car Seat Headrest durch die Internet-Plattform Bandcamp. Dort kann jeder Musik veröffentlichen. Bandcamp ist ein wild wuchernder musikalischer Garten, in dem Toledo seine Orchidee gedeihen lassen konnte. Zwölf Stunden seiner Musik finden sich in dieser online verfügbaren Werkschau. Toledo steht damit für eine neue Generation von Musikern, deren gesamte künstlerische Biografie jederzeit gratis im Netz abrufbar ist.

Musikalische Tagebucheinträge

Seine Songs legt Toledo wie musikalische Tagebucheinträge an: Unbekümmert und entspannt erzählt er von Entfremdung und Frustration. Beiläufig, fast so als würde er im Park spazieren und mit einem Freund telefonieren. Die melodiöse Geradlinigkeit kommt auch von Toledos musikalischer Kinderstube. Seine ersten Lektionen auf der Gitarre lernte er von Green Day oder Nirvana. Das könne man immer noch hören, meint Toledo, auch wenn seine Songs mittlerweile komplexer sind als die frühen Einflüsse.

Mit geradezu unverschämter Coolness verbindet Toledo sein Gespür für Harmonien mit exquisitem Songwriting, das oft ansatzlos ansteckend impulsive Refrains einstreut. Einmal klingt Toledo so, als würde er unter der Bettdecke sensible Poesie verfassen, dann wieder wie der rotzige Trotzkopf, der seine Unzufriedenheit herausspuckt. Ein stetiger Balanceakt zwischen leise und laut, Entspannung und Anspannung, flüstern und schreien.

Schnörkellos und überraschend dringlich klingt diese Musik. Und wenn Will Toledo sein Pulver noch nicht verschossen hat, dann könnte sich hier einer warmlaufen, der die Archetypen des Rock 'n' Roll tatsächlich noch einmal mit Frischluft versorgt.