TBA21: Francesca Habsburg bleibt in Wien

Groß war die Aufregung als die Kunstsammlerin und Mäzenin Francesca Habsburg vergangenen November in der Schweizer "Sonntagszeitung" laut über einen Umzug ihrer Sammlung nach Zürich nachdachte. Gestern Vormittag gab Francesca Habsburg Entwarnung: Ausstellungen der Kunststiftung TBA21 werden weiterhin im Wiener Augarten-Atelier zu sehen sein.

Morgenjournal, 18.6.2016

Die Entscheidung für Wien will Habsburg nicht zuletzt als gesellschaftspolitisches Statement verstanden wissen. „Ich will zumindest in der näheren Zukunft in Wien bleiben, um einen Beitrag zu leisten im Kampf gegen den Nationalismus und Rechtsextremismus, der nicht nur in Österreich immer stärker wird, sondern auch in den Nachbarländern, in Ungarn, in der Slowakei. Ich möchte gemeinnützige Arbeit leisten, die die Menschen für die zentralen Themen unserer Zeit sensibilisiert. Die TBA21 hat hier im Augarten ein Projekt mit Flüchtlingen initiiert und wir befassen uns mit den Themen Klimawandel, oder auch dem Schutz der Umwelt. Die Projekte, die von der TBA21 unterstützt werden, sind multidisziplinäre Kunstprojekte.“

Der Nutzungsvertrag für das Wiener Augarten-Atelier, in dem die Sammlung zu sehen ist, läuft 2017 aus. Erste Gespräche über eine Verlängerung des Vertrags mit Kulturminister Thomas Drozda habe es bereits gegeben, so Habsburg. „Es gibt Gespräche. Ich möchte mich im Moment aber nicht über den Inhalt dieser Gespräche äußern. Ich kann nur so viel sagen: Ich nehme einen Wandel wahr. Die Bedeutung der TBA21 für Wien wir neu bewertet. Das freut mich. Ich habe auch keine Zeit mehr, mich zu beklagen. Ich bin zu sehr damit beschäftigt zu kämpfen. Ich ärgere mich jetzt über etwas anderes. Ich ärgere mich über die politische Situation in Österreich.“

Ebenfalls gestern wurde die aktuelle Ausstellung „An Arrival Tale“ eröffnet. Der mexikanische Künstler Mario Garcia Torres zeigt Arbeiten, die sich mit der Ankunft in einer fremden Welt beschäftigen.

Orte in der Fremde

Ein schäbiges einstöckiges Gebäude in Kabul. Blasse Bilder, die einen jungen Mann zeigen, der in der Küche Wasser aufkocht. Man spürt es gleich: Dieser Ort hat bessere Tage gesehen. Der mexikanische Künstler Mario García Torres hat einen Filmessay gestaltet, der einem besonderen Hotel gewidmet ist. In Afghanistans Hauptstadt Kabul spürte er das One Hotel auf, das der italienische arte povera-Künstler Alighiero Boetti in den 1970er Jahren eröffnet hat. Boetti verließ sein Heimatland und wagte einen Neustart in der Fremde. „Ich habe mich dafür interessiert, wie aus einem Projekt, dass ein Künstler in der Ferne realisiert hat, ein unhinterfragter Mythos werde“, sagt Mario García Torres. Torres tastete den mythenumrankten Ort filmisch ab. Seiner künstlerischen Arbeit gingen lange Recherchen voran. Immer wieder suchte Torres Boettis One Hotel auf und ließ vor Ort sogar Renovierungsarbeiten durchführen.

Es ist kein Zufall, dass die aktuelle Ausstellung von Mario García Torres in der TBA21 den Titel „An Arrival Tale“ trägt. Denn um das Thema des Weggehens und Ankommens kreisen die gezeigten Arbeiten von Mario García Torres. Parallelen zur aktuellen Flüchtlings- und Migrationsdebatte sind kein Zufall! Torres‘ Filmessay über Aligheri Boettis One Hotel war 2012 bereits bei der documenta in Kassel zu sehen. Jetzt zeigt die TBA21 eine Fassung, die Untertitel aufweist. Genauer: Arabische und persische Übersetzungen, die von Flüchtlingen angefertigt worden sind. „Ich interessiere mich für den Prozess der Übersetzung. Was bedeutet westliche Kunst für jemanden, der gerade aus einem fremden Land nach Europa gekommen ist“, so Mario Garía Torres.

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TBA21

„Das Augarten-Atelier ist ein Kulturzentrum keine Kunsthalle!“

Seit einigen Monaten kooperiert die TBA21 mit NGOs, die sich der Flüchtlingsbetreuung widmen. Flüchtlinge sollen in die Projekte des Augarten-Ateliers einbezogen werden, so Francesca Habsburg: „Das Augarten-Atelier ist ein Ort für die lokale Gemeinschaft. Touristen verirren sich hierher nicht. Deshalb müssen wir die Nutzung dieses Standorts überdenken. Wahrscheinlich macht es keinen Sinn hier wie bisher hochkarätige High- End-Ausstellungen zu zeigen. Das Augarten-Atelier ist eher ein Kulturzentrum für die hiesige Bevölkerung und keine Kunsthalle.“

Für Francesca Habsburg ist die TBA21 keine Kunstsammlung, sondern ein Kunstlabor mit gesellschaftspolitischer Strahlkraft. Lectures, Performances und Workshops sollen weiterhin im Augarten stattfinden. Hochkarätige Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern werden in Zukunft womöglich aber an anderen Standorten gezeigt. Vergangenen Herbst holte die TBA21 ja bereits den internationalen Kunststar Olafur Eliasson nach Wien. Ort der Ausstellung, die in Kooperation mit dem Belvedere stattfand, war das Winterpalais des Prinzen Eugen in der Wiener Innenstadt.