Roman von Peter Stamm
Weit über das Land
Wie einer plötzlich aus einer glücklichen Ehe und soliden bürgerlichen Existenz kommentarlos austritt, das erzählt mit leiser Genauigkeit und psychologisch subtil Peter Stamm in seinem neuen Roman.
8. April 2017, 21:58
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Peter Stamm, "Weit über das Land", Roman, S. Fischer Verlag
Der Schweizer Autor Peter Stamm variiert in seinen Romanen und Erzählungen immer wieder das Verhältnis von Kontrolle und Kontrollverlust in sozialen Beziehungen. So auch in seinem neuen Roman "Weit über das Land".
Thomas und seine Familie sind gerade aus dem Sommerurlaub in Spanien zurückgekehrt. Es ist abends, und Thomas vergegenwärtigt sich die täglichen Gewohnheiten, die ihn nun wieder erwarten. Da steht er auf, geht den Weg am Haus entlang, öffnet leise das Gartentor, läuft die Straße runter, passiert ein Gewerbegebiet, eine Brücke, eine Wiese und gelangt in einen Wald. Er flieht nicht, er geht einfach immer weiter. Seine einzige Sorge: jemandem zu begegnen, der sich später an ihn erinnern könnte.
Stamm - und darin liegt die Qualität seiner Literatur - erklärt nichts und interpretiert nicht, seine Erzählform ist die der Andeutung, nicht der Ausdeutung. Seine Figuren sind deshalb so interessant, weil sie auf den ersten Blick eher uninteressant, durchschnittlich und unauffällig wirken und doch immer ein Rätsel bergen. Und doch erscheint Stamms Held nicht als ein den Oberflächlichkeiten des Lebens Entfliehender, vielmehr als einer, der genau das Leben lebte, das er immer leben wollte. Warum also taucht er unter?
Peter Stamm
"Eine Theorie habe ich dazu, und die liegt im Motto des Buches, das ja heißt: 'Wenn wir uns trennen, bleiben wir uns' - das ist von Markus Werner. Dass er in gewissem Sinn, indem er flieht, die Zeit anhalten will."