Staatspreis

Gerhard Roth im Gespräch

Der österreichische Kunstsenat würdigt Gerhard Roth als "einen der bedeutendsten und international bekanntesten österreichischen Schriftsteller", der seit über vier Jahrzehnten mit großer Besessenheit an seinem vielschichtigen und umfangreichen Werk arbeitet. Heute wurde er dafür mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet, dotiert mit 30.000 Euro.

Aus diesem Anlass hat Ö1 den Autor in der Steiermark besucht und mit ihm über das Leben auf dem Land und die Begegnung mit Imker Zmugg gesprochen.

Gerhard Roth

Kunst- und Kulturminister Thomas Drozda und Schriftsteller Gerhard Roth bei der Preisverleihung.

BKA/HANS HOFER

Kulturjournal, 29.6.2016

Das vielschichtige und umfangreiche Werk - das sind vor allem seine beiden großen Romanzyklen "Die Archive des Schweigens" und "Orkus", ein facettenreiches und komplexes Zeit- und Geschichtspanorama: Reiseromane, Kriminalromane, Reportagen, Essaybände, ein Fotobuch und ein autobiografischer Band. Und nicht zuletzt hat sich Gerhard Roth immer wieder in seinen Essays als kritischer Kommentator des Zeitgeschehens zu Wort gemeldet.

Welche Rolle spielt das Leben auf dem Land für Ihre Arbeit?

Gerhard Roth: "Jetzt ist es ganz anders, als vor 40 Jahren, als ich hergekommen bin. Hier war eine ganz andere Welt. Das war, als ob man in das Innere eines Monsters geht - in die Dunkelheit, in die Eingeweide. In einem kleinen Haus ohne Zentralheizung, ohne Fließwasser haben wir ca. zehn Jahre haben wie die Armen gelebt. Dadurch konnte ich mich sehr gut in die Landschaft, in die Menschen hineindenken. Ich bin sozusagen vom Hochhaus in den Keller gegangen. Dort habe ich dann angefangen, mich zurechtzufinden. Ich habe auch wunderbare Dinge gesehen auf dem Land, vom Wolkenspiel bis zu Nächstenhilfe und wollte etwas schreiben, das sowohl die düstere als auch die helle Seite beinhaltet."

Eine Initialzündung hier in der Steiermark war die Begegnung mit dem Imker Zmugg. Er hat Ihnen zu einem Modell für den Roman verholfen.

"Er hat eines Tages 30 Bienenmagazine vor meinem Haus abgestellt. Dann habe ich mich mit den Bienen befasst, und das war eine der größten Entdeckungen für mich als Autor. Eine Biene steht nicht für sich allein, der gesamte Stock stellt ein Tier dar, das nennt der Wissenschaftler Gerstung 'der Bien'. Dieser Bien besteht aus fliegenden Zellen. Dann habe ich noch die Bienenwaben gesehen, und ich habe mir gedacht, ich lege das Buch 'Landläufiger Tod' in Wabenform - später noch freier, in Form des Biens - an; aus fliegenden Zellen einzelne Geschichten. Das hat mir ermöglicht, auf knapp 1000 Seiten, alles das, was ich über das Land sagen wollte, zu schreiben. Dieses Buch ist aber noch nie vollständig erschienen."