Pharmakonzerne für Transparenz
Kann es sein, dass einzelne Ärzte ein bestimmtes Medikament verschreiben, weil ihnen der Pharmakonzern einen Vortrag oder eine Fortbildung bezahlt hat? Um solche Verdächtigungen aus der Welt zu schaffen, legen die europäischen Pharmakonzerne heute ihre Zahlungen an Ärzte offen. In Österreich werden die Namen der Ärzte nur veröffentlicht, wenn diese damit einverstanden sind. Mit einer Ausnahme: Der britische Glaxo-Konzern hat alle Ärzte zur Veröffentlichung verpflichtet.
8. April 2017, 21:58

dpa/Frank May
Morgenjournal, 30.6.2016
"Nichts zu verstecken"
Der Anti-Korruptionsverein Transparency sieht GlaxoSmithKline als Vorreiter. Und auch Patientenanwalt Gerald Bachinger ist voll des Lobs. Der Glaxo-Konzern hat schon zeitgerecht im Internet veröffentlicht, dass er im Vorjahr 1,1 Millionen Euro an Spitäler, medizinische Vereine und Ärzte in Österreich gezahlt hat. Für Ärzte-Vortragshonorare und Kongressteilnahmen samt Hotelaufenthalt und Reisespesen wurden rund 180.000 Euro gezahlt. Praktisch alle, die profitiert haben, nämlich 117 Ärzte werden namentlich genannt. Das Argument von Glaxo-Direktor Ronald Pichler: "Indem man hier eine Offenlegung macht, zeigt man, dass nichts zu verstecken ist."
Und während die anderen Pharmakonzerne wegen der strengen Datenschutzgesetze in Österreich nur die Namen jener Ärzte veröffentlichen, die dem freiwillig zustimmen, geht Glaxo einen von vornherein anderen Weg: "Wenn es keine Einverständniserklärung gibt zur Veröffentlichung, dann gibt es auch keinen Vertrag mit diesem Arzt."
Keine Vortragshonorare mehr
Einer der zugestimmt hat und die im Vorjahr höchste Summe von Glaxo erhalten hat, nämlich 17.000 Euro, ist der Wiener Urologie-Primar und Prostata-Experte Stephan Madersbacher. 8.000 Euro für Reisen plus 9.000 brutto als Vortragshonorar sind kein Grund, sich zu schämen, meint er: "Die Vortragshonorare basieren auf drei Vorträgen in Bogota, in St. Petersburg und Sofia. Ich bin in meinem Spezialgebiet einer der weltweit führenden Experten. Für jeden Vortrag muss ich mehrere Tage Urlaub nehmen, für den Flug hin- und her und dafür bekommt man ein bestimmtes Honorar. 55 Prozent betragen die Steuern, damit bleiben mir 4.000 Euro übrig."
In Kolumbien habe er - bezahlt von Glaxo - vor rund 100 Ärzten vorgetragen, erzählt Madersbacher: "Dann ist dort natürlich ein Stand der Firma, wo sie ihr Produkt vorstellen aber es kann durchaus sein, dass ich in meinem Vortrag das Produkt gar nicht erwähne, weil mich ganz was anderes interessiert."
Der Glaxo-Konzern, der in der Vergangenheit international mit großen Korruptionsaffären zu kämpfen hatte, geht ab heuer noch einen Schritt weiter. Es gibt keine Vortragshonorare mehr für Ärzte, die über Glaxo-Produkte referieren, sagt Direktor Pichler: "weil möglicherweise die Wahrnehmung entstehen könnte, dass das Verschreibungsverhalten einzelner Ärzte durch eine solche Honorarzahlung beeinflusst werden kann."
Primar Madersbacher aber findet, unabhängige Experten wie er referieren glaubwürdiger als eigens von Glaxo angestellte Ärzte, die nun diese Vorträge übernehmen würden. Außerdem fürchtet der Primar, dass die österreichischen Ärzte künftig weniger Fortbildungskongresse besuchen werden, wenn die Pharmabranche die Finanzierung zurückfährt und der Staat auch kein Geld für Ärztefortbildung zur Verfügung stellt.