Sobotka: "Enttäuscht und beschämt"

Innenminister Wolfgang Sobotka von der ÖVP steht als Vorsitzender der Obersten Wahlbehörde im Rampenlicht bei der Wiederholung der Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl. Es ist ihm völlig unverständlich, warum man nicht schon früher auf die unrechtmäßige, aber gängige Praxis rund um die Auszählung von Briefwahlstimmen aufmerksam wurde, sagt Sobotka im Ö1-"Journal zu Gast".

Wolfgang Sobotka

APA/GEORG HOCHMUTH

Er will künftig als Vorsitzender der höchsten Wahlbehörde bei Wahlbehördensitzungen dabei sein - etwas, was es laut Sobotka die letzten 40 Jahre nicht gegeben hat.

Mittagsjournal, 2.7.2016

"Massiv erschüttert"

Enttäuscht und beschämt ist Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach den nun aufgezeigten Schlampereien und Rechtsbrüchen rund um die Bundespräsidentenwahl. Selbst zwei Jahrzehnte in einer Wahlkommission tätig, haben ihn die Vorkommnisse wie vordatierte Protokolle oder Blanko-Unterschriften von Wahlbeisitzern „massiv erschüttert“. Gleichzeitig stellt sich der Innenminister vor die Bundeswahlbehörde. Deren einziger, vom Verfassungsgerichtshof verurteilter Fehler wäre, dass seit Jahrzehnten Teilergebnisse vor Wahlschluss veröffentlicht werden, was dem Wahlgesetz widerspricht – laut Sobotka „eine geübte Praxis“, um Hochrechnungen zu ermöglichen. Die Konsequenz aus dem VfGH-Urteil: „Es wird beim nächsten Wahlgang kein Ergebnis geben, bevor nicht alle Stimmen - inklusive der Briefwahlstimmen - ausgezählt sind. Die Weitergabe von Daten wird strengstens von mir untersagt“, so Sobotka.

Gleichzeitig sei das Urteil ein Auftrag, das Wahlrecht zu überdenken und ein neues Gesetz zu überlegen, das möglich macht, Wahlkarten und Urnen-Stimmen noch am Wahltag auszuzählen. So gäbe es gegen 19.00 oder 20.00 Uhr ein Ergebnis, das alle Stimmen umfasst.

Auch das zentrale Wählerregister soll kommen. Bisher wurde das von der Opposition verhindert. Laut Sobotka gibt es aber mittlerweile positive Signale der Parteien für Neuerungen. Weitere Änderung im Wahlrecht könnte der bundesweit einheitliche Wahlschluss sein.

"Wahlbeisitzen demokratische Pflicht"

Bei Wahlbeisitzern will Sobotka zur Diskussion stellen, dass man "ähnlich wie bei Geschworenen oder Schöffen zu einer allgemeinen Bevölkerungsbeteiligung kommt" - also Wahlbeisitzen zu Staatsbürgerpflicht wird. Eine Änderung der Briefwahl hingegen lehnt Sobotka ab. Vorschläge wie die Zustellung der Wahlkarten mittels RSa statt RSb-Briefen – der Empfänger könnte die Wahlkarte dann nur noch persönlich übernehmen – wären zusätzliche Hürden und daher unangebracht.

"Blamage", "Schlamassel", "Verlierer ist die Republik“, "Österreich kann keine ordnungsgemäßen Wahlen abhalten" kommentierten europäische Zeitungen das VfGH-Urteil. Sobotka dazu: „Es ist peinlich genug und es ist beschämend, dass wir die Wahl wiederholen müssen. Nur glaube ich, wir sind sehr wohl in der Lage, ordnungsgemäß Wahlen durchzuführen – es hat in der zweiten Republik ja bei allen anderen Wahlen hervorragend geklappt. Die Kommentare und guten Ratschläge aus den anderen Ländern, die sollen wir dort belassen, wo sie hingehören.“