Von Robert Macfarlane
Alte Wege
Die Hinwendung zur Natur ist derzeit wieder einmal allgegenwärtig. Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, Urlaub am Bauernhof mit echten Tieren zum Streicheln und füttern, Selbstfindung bei der Alpenüberquerung. Auch in den Buchhandlungen ist dieser Boom zu spüren. Ein besonders schönes und nebenbei einzigartiges Buch hat der britische Autor Robert Macfarlane geschrieben: "Alte Wege" vom britischen Autor Robert Macfarlane. Er folgt darin Pfaden, Furten und Seewegen, die seit der Antike die menschlichen Siedlungsräume miteinander verbinden.
8. April 2017, 21:58
Kontext, 8.7.2016
Fährten, Wege, Pfade, Deiche, Furten, Stege, Spuren - im Watt, auf Granit, über Wurzeln, im Schnee. Robert Macfarlane, dessen Nachname bereits die Wörter "weit" und "Fahrbahn" beinhalten, ist für dieses Buch viel gewandert, und er hielt oft inne, ließ Blick und Gedanken schweifen.
Der Autor erwandert sich weite Teile Großbritanniens, er ist zwischen Oxford und Cambridge genauso unterwegs wie an Küstenstrichen in Schottland und Südengland. Er erkundet mit Freunden aber auch Wege in Ramallah im Westjordanland, pilgert parallel des ausgetretenen Jakobsweges in Spanien und entdeckt in Tibet alte Routen zum heiligen Gipfel Kailash. Welchen Einfluss haben Gegenden auf die Lebensweise der Menschen? Wo hat wer wen verdrängt und wieso? Pfade seien die Gewohnheiten der Landschaft, schreibt Macfarlane, sie wurden aus bestimmten Gründen angelegt, wurden begangen, verlegt, erweitert, manche verschwanden, alle wirken jedoch bis heute nach. Im vorliegenden Buch werden Landschaften beschrieben, allerdings niemals ohne die soziale Wirklichkeit außer Acht zu lassen. In der Natur findet ständig Veränderung statt, gleichzeitig sorgt sie aber auch für Stabilität.
Mit allen Sinnen wird Natur erfahren. Es ist ein wunderbares Buch, eines, das zum Gehen einlädt und zum Verweilen anregt. Ein Schritt - ein Gedanke. Das eine ist ohne das andere nicht möglich, nicht sinnvoll. Ist es ein Wanderführer? Vielleicht sind es literarische Reisereportagen. Was es mit diesem Buch auf sich hat, erschließt sich der Leserin und dem Leser nicht sofort, aber vielleicht geht es genau darum, die Geschichten, die Kapitel zu durchwandern, beim Umblättern den leisen Windhauch zu spüren, die Lerchen zu hören, die den Autor in aller Herrgottsfrühe wecken, den Rhythmus des Wanderers aufzunehmen und mitzuatmen.
Service
Robert Macfarlane, "Alte Wege", Matthes und Seitz