Die Causa BUWOG

Die Anklage in der BUWOG-Affäre liegt nach sieben Jahren Ermittlungen vor: worum geht es da genau? Ö1-Justizexpertin Petra Pichler hat alles, was in dieser Zeit untersucht, verdächtigt, vorgeworfen wurde genau beobachtet und ruft die Entwicklung der Causa mit spannenden Details und Wortmeldungen in Erinnerung.

Mittagsjournal, 21.7.2016

Aufgeflogen ist die Buwog Causa im Herbst 2009. Und zwar bei den Ermittlungen in der Immofinanz-Affäre. Der ehemalige Immoeast Finanzvorstand berichtet dem Staatsanwalt von Zahlungen in Millionenhöhe an Lobbyisten Peter Hochegger rund um die Privatisierung der 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004. Schnell stellte sich heraus, dass die Zahlung von fast 10 Millionen Euro mittels Scheinrechnungen und Scheinhonoraren an eine zypriotische Firma Hocheggers ging. 80 Prozent der Summe flossen weiter an Walter Meischberger.

Schnell war auch klar: Das Geld war nicht versteuert. Hochegger und Meischberger erstatten Selbstanzeige bei der Finanz. Geflossen ist die Zahlung der Immofinanz für den Tipp Meischbergers wie hoch das Konsortium bei der Privatisierung der Bundeswohnungen bieten soll. Ein Tipp der sich für das Immofinanzkonsortium auszahlt. Denn: Im zweiten Bieterverfahren bietet die Immofinanz gerade Mal eine Millionen Euro mehr als die CA Immo, das Konkurrenzkonsortium. Die Immofinanz erhält den Zuschlag und die Bundeswohnungen. Woher der tipp kam, sagt Meischberger nicht. Er habe die Information: nicht gewusst, sondern nur gespürt, sagt er später. Keinesfalls habe er den Tipp von seinem Freund dem Finanzminister Karl Heinz Grasser gehabt. Auch Grasser beteuert: "Ich bin das Opfer dieser schiefen Optik. Ich habe davon nichts gewusst".

Wenige Wochen ein neuer Paukenschlag in der Affäre. Michael Ramprecht, ehemaliger Kabinettsmitarbeiter Grassers belastet Immobilienmakler Ernst-Karl Plech und Grasser: Die Buwog -Affäre war ein abgekartetes Spiel, sagt Ramprecht. Grasser reagiert umgehend: "Michael Ramprecht sagt die Unwahrheit. Er lügt".

Er habe ein supersauberes Gewissen betont Grasser, er sei überzeugt die Buwog Privatisierung war eine gute Transaktion für den Österreichischen Steuerzahler und für die Republik, so Grasser.

Grasser klagt Ramprecht und der klagt zurück - eine Verurteilung Ramprechts wird wieder gekippt. Das Verfahren wegen Ehrenbeleidigung wird nochmal aufgerollt: Meischberger, der hier als Zeuge aussagt beteuert, er habe von Grasser nie eine Information erbeten oder verlangt, die diesen in rechtliche oder moralische Schwierigkeiten gebracht hätte. Letztlich wird das Verfahren 2012 bis zur Klärung der Vorwürfe vertagt.

Doch zurück ins Jahr 2009. Die Grüne Gabriela Moser übermittelt im Oktober eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft in der Causa. Ende Oktober bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, dass in der Buwog-Affäre Ermittlungen eingeleitet wurden und Grasser Beschuldigter im Verfahren ist.

In der Folge werden ab Anfang 2010 zahlreiche Telefonüberwachungen und Hausdurchsuchungen bei Hochegger, Meischberger, Plech und anderen durchgeführt. Erstmals einvernommen wird Grasser von der Staatsanwaltschaft aber erst September 2010.

Obwohl Grassers Anwalt Manfred Ainedter stets betont, dass Grasser vor den Ermittlern alles offenlegt, lässt die Staatsanwaltschaft kurz darauf Grassers Konten öffnen. Dadurch werden Anfang 2011 schließlich Grasser Stiftungen in Liechtenstein bekannt - dorthin hat der Ex-Finanzminister Millionen-Honorare aus seinem Engagement bei Meinl International Power transferiert. Jetzt wird auch wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung ermittelt. Grasser sieht sich verfolgt, es sei eine politische Schmutzkampagne.

Bekannt wird auch, dass Grasser 500.000 in Hypo-Genussscheine von Tilo Berlin investiert und dabei sehr gut verdient hatte - angeblich Geld seiner Schwiegermutter. Mitte Mai 2011 kommt es zu Razzien in Grassers Wohnungen, Firma und bei seinem Steuerberater. Zum Teil unter großen Medienandrang. Grasser reagiert empört. Das sei kein normales Verfahren, das sei die gezielte Vernichtung seiner Existenz, sagt er. Man wolle ihm gezielt etwas anhängen um jeden Preis, so Grasser, der später zivilrechtlich seinen Steuerberater wegen falscher Beratung klagt.

Die Spur des Geldes führt die Ermittler nach Liechtenstein und in die Schweiz. Doch die Rechtshilfeersuchen der Wiener Justiz ziehen sich. Werden abgelehnt und neu beantragt.

Ende 2011 wird bekannt, dass Unterlagen die bei einem Treuhänder Grassers in Liechtenstein beschlagnahmt wurden, aus dem dortigen Landgericht entwendet wurden. Ausgerechnet von einem Anwalt, der auch in Grassers Stiftungen sitzt. Ein absolut ungewöhnlicher Vorfall, sagt damals der Sprecher des Liechtensteiner Gerichts Wilhelm Ungerank. Letztlich dauert es bis Anfang 2013, bis die Unterlagen aus dem Rechtshilfeverfahren von Liechtenstein nach Wien geliefert werden - teilweise geschwärzt.

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft auch rund um die Umsiedlung der Linzer Finanzamtsbeamten in den Terminal Tower Linz. Auch hier gibt es Zahlungen an Meischberger und Hochegger. Außerdem werden weitere Privatisierungen aus der Ära Grasser unter die Lupe genommen. Anfang 2012 nimmt der Korruptions-Untersuchungsausschuss im Parlament sein Arbeit auf um diverse Korruptionsvorwürfe zu untersuchen. Darunter auch die Buwog-Affäre und die Causa Terminal Tower. Insgesamt Vier Mal muss Grasser vor dem U-Ausschuss Rede und Antwort stehen. Auch hier bestreitet Grasser wortreich seine Unschuld. Immer wieder klagt Grasser über die lange Ermittlungsdauer in der Causa. Die Menschenjagd solle zu Ende gehen.

Im Juli 2014 ist es soweit: die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft habe hinsichtlich der Faktenkomplexe Buwog und Terminal Tower Linz den Sachverhalt aufbereitet und einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt, sagt Sprecherin Carmen Prior.

Monate später der Rückschlag für die Ermittler: Eine Informationspanne beim Landesgericht Wien, hat dazu geführt, dass ein mitbeschuldigter Ex Anwalt von Walter Meischberger in der Buwog-Causa, die bei ihm beschlagnahmten Akten nicht sichten konnte. Ein schwerer Verfahrensfehler. Der Vorhabensbericht, der bereits im Justizministerium liegt, muss wieder zurück.

Erst Ende 2015 weist das Oberlandesgericht Wien die Einsprüche des Beschuldigten endgültig ab. Jetzt steht der Fertigstellung des Vorhabensberichts der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nichts mehr im Wege. Im Mai wird der Vorhabensbericht vom Justizministerium zur Stellungnahme an den Weisungsrat übergeben.