Kampf um Aleppo

In Syrien gilt eigentlich ein Waffenstillstand, um den sich aber niemand mehr kümmert. Schon gar nicht das Regime von Bashar Al-Asad. Er sucht die militärische Entscheidung des Konflikts: Seit fast zwei Wochen greifen seine Soldaten die Großstadt Aleppo an. Sie war seit Beginn des Bürgerkriegs von Rebellen kontrolliert. Nun ist die Stadt von der Armee eingeschlossen und auch immer wieder Ziel von Luftangriffen. Trotz allem hofft die UNO, dass Friedensgespräche Ende August weitergehen.

Die zum Teil zerstörte Stadt Aleppo

APA/AFP/KARAM AL-MASRI

Morgenjournal, 1.8.2016

Propaganda und Realität

Das staatliche syrische Fernsehen zeigt lange Schlangen von Frauen und Kindern, die jubeln als sie die Positionen der Armee erreichen: Sie sei glücklich endlich in Sicherheit zu sein, Gott schütze die Armen, verflucht seien die Rebellen, sagt diese Frau unter einem Bild von Präsident Bashar Al-Assad.

Über drei sogenannte humanitäre Korridore sollen Zivilisten die Stadt sicher verlassen können, das haben das syrische Regime und der russische Verteidigungsminister vergangene Woche angekündigt - darüber wie viele Menschen das tatsächlich geschafft haben gibt es keine unabhängigen Berichte. Die Rebellen hätten ihnen nicht erlaubt früher zu fliehen, sagt eine andere Frau einem Reporter des staatlichen Fernsehens. Es habe kein Gas gegeben, kein Wasser, keinen Strom, kein Brot gegeben, auch keine medizinische Versorgung.

Gezeigt werden auch dutzende junge Männer, die ihre Waffen niederlegen und sich der Armee ergeben: Der Präsident habe sein Angebot einer Amnestie für die Aufständischen erneuert. Auf der Seite der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind andere Bilder zu sehen: Zwei zerstörte Häuser, in einem davon völlig demolierte medizinische Geräte - ein früheres Krankenhaus nach einem Luftangriff, Männer laufen zwischen den Trümmern hin und her, auf der Straße, halb von einem Karton abgedeckt, die verstümmelte Leiche eines Kleinkindes: Ihr Unterstützer von Bashar, ruft ein Mann voller Staub und mit Tränen im Gesicht, schaut Euch doch an was Euer Bashar hier macht. Zwei Fassbomben sind niedergegangen, sieben ganze Familien sind unter den Trümmern. Das ist es was Bashar anrichtet.

Hilfsorganisationen wie Save the Children weisen darauf hin, dass die Regierungskräfte, unterstützt von der russischen Luftwaffe, schon länger gezielt zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser ins Visier nehmen. Etwa eine Viertel-Million Menschen ist im von den Rebellen gehaltenen Osten Aleppos eingeschlossen, die UNO schätzt dass die Vorräte nur mehr bis Mitte August reichen werde. Unter dem Druck der Armee und iranischer Milizen haben sich die verschiedenen Rebellengruppen in der Stadt offenbar verbündet und einen Großangriff gestartet um den Belagerungsring zu durchbrechen, ob das gelungen ist bleibt vorerst unklar.

Die internationale Gemeinschaft setzt weiter auf Diplomatie: Ende August soll die Friedensgespräche für Syrien weitergehen erklärt der UNO-Gesandte Ramzy Ezzeldin Ramzy, nach einem treffen mit dem syrischen Außenminister in Damaskus: Die Regierung sei bereit an diesen Gesprächen teilzunehmen. Bis dahin kann viel passieren: Im Norden des Landes konnten kurdischen Einheiten mit Unterstützung der US-amerikanischen Luftwaffe zuletzt deutliche Fortschritte im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat erzielt, die Gruppe Jabhat Al-Nusra hat sich von der Terrororganisation Al-Kaida losgesagt. Und auch die Schlacht um Aleppo könnte bis dahin entschieden sein.