USA: Mit der Waffe an die Uni
Gestern vor genau 50 Jahren kam es in den USA zur ersten Massenschießerei an einer Universität. In Texas erschoss ein Student 16 Menschen, seitdem gehören Schießereien in den USA zum traurigen Alltag. Doch statt die Waffenkäufe einzuschränken, nimmt die Zahl an Waffen im Privatbesitz in den USA stetig zu, und in vielen Bundesstaaten werden die Waffengesetze sogar immer liberaler - zum Beispiel in Texas.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 2.8.2016
aus den USA,
Ausgerechnet dort, wo vor 50 Jahren der erste Uni-Amoklauf stattfindet, darf man seit gestern ganz legal mit Schusswaffen in den Unterricht gehen. Die Befürworter argumentieren, dass sich die Schüler und Lehrer so besser vor Amokläufern schützen können.
Schon in 8 Bundesstaaten
Mit Schusswaffe in die Vorlesung - das ist in Texas seit gestern Realität. Das so genannte "Campus Carry" Gesetz erlaubt es Besitzern von Waffenscheinen jetzt, ihre Schusswaffen auch auf die Unis mitzubringen - das Argument: mehr Sicherheit - in Zeiten, in denen in den USA kaum ein Tag vergeht, ohne eine Schießerei: Ich fühle mich stärker, sagt der Student Jonathan Plancarte. Sollte es eine Schießerei geben, kann ich nun etwas dagegen tun. Die Studentin Stephanie ist anderer Meinung: Ich gehe auf die Uni um zu lernen, und nicht um auf die nächste Schießerei zu warten, sagt sie. Ich finde es furchteinflößend, neben jemandem zu sitzen, der eine Waffe trägt.
Bis zuletzt hatten tausende Studenten, aber auch Lehrer und Uni-Direktoren versucht, das Gesetz noch zu verhindern. Sie fürchten um ihre Sicherheit, klagt Jonathan Snow, Professor an der Universität von Houston. Was, wenn psychisch instabile Schüler schlecht auf schlechte Noten reagieren? Was, wenn hitzige akademische Debatten ausarten? Es ist eine unbequeme Situation. Wir dürfen nicht unsere Meinung darüber äußern, ob wir es gut finden, Waffen in den Unterricht zu bringen. Stattdessen sollen wir es vermeiden über sensible Themen zu sprechen.
Einigen Lehrern sei sogar geraten worden, einige Themen ganz vom Lehrplan zu nehmen. Drei Professorinnen reichten Anfang Juli deshalb Klage ein - das Gesetz widerspreche dem Recht auf freie Meinungsäußerung, hieß es darin: Wir wissen, dass das neue Gesetz vielen Angst macht, betont David Daniel vom University of Texas System, das die 14 staatlichen Hochschulen managt. Aber wir haben spezielle Trainings für Polizisten veranlasst, wir haben noch mehr Überwachungskameras installiert. Wir tun alles, um unsere Studierenden und Dozenten zu beschützen.
Texas ist nun der achte US-Bundesstaat, der das Tragen von Waffen auf öffentlichen Hochschulen zulässt - allerdings dürfen die Unis weiterhin waffenfreie Zonen einrichten, zb. in den Schlafräumen, in den psychologischen Beratungsstellen. Auch die privaten Universitäten in Texas dürfen Waffen weiterhin verbieten. Die meisten haben das schon getan.