Andreas Maier: "Der Kreis"
In seinem autobiografischen Großprojekt "Ortsumgehung" kehrt der deutsche Schriftsteller Andreas Maier an die entscheidenden Momente seiner Kindheit und Jugend zurück. Auf insgesamt elf Bände konzipiert, ist jetzt mit "Der Kreis" Roman Nummer fünf erschienen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 08.08.2016
Es sind Expeditionen in die eigene Geschichte, die Andreas Maier in seinem Romanzyklus "Ortsumgehung" unternimmt. Dabei geht es aber nicht um das langsame und chronologische Abarbeiten der eigenen Biografie, sondern um intensive Erlebnisse und prägende Ereignisse, die Maier unter die Lupe nimmt und umformt. Sieben Jahre ist es mittlerweile schon wieder her, dass dieses Großprojekt entworfen hat, gleich inklusive der Titel für alle elf Bücher, die sein Opus Magnum einmal umfassen soll.
Warum Schriftsteller?
Um die Beschäftigung mit dem geburtsbehinderten Onkel und um das Erwachen der jugendlichen Sexualität ist es in früheren Bänden bereits gegangen, im aktuellen Roman "Der Kreis" interessiert Maier jetzt, wie ein junger Mensch überhaupt auf die Idee kommen kann, Schriftsteller zu werden. Ein Erweckungserlebnis war da der Besuch einer Theatervorstellung Mitte der 1980er Jahre, in der der junge Rene Pollesch zusammen mit den Schauspielern Mathias Herrmann und Thomas Heinze auftrat. "Das waren für mich unglaublich große Vorbilder damals", erinnert sich der Autor. "Ohne die wäre ich später gar kein Schriftsteller geworden. Das war meine erste Begegnung mit Kunst."
Andreas Maiers Schürfen in der eigenen Autobiografie geht dabei mit einer radikalen Ablehnung der herkömmlichen Romanschreiberei einher. "Ich kann mich in so pseudofiktionale Welten nicht hineinversetzen." Genauso wenig interessieren Maier exotische Orte oder das pulsierende und oft romantisierte Berlin als literarische Schauplätze. Sein Universum ist die hessische Provinz, was seinen Büchern auch mehrfach das Etikett "Heimatliteratur" eingetragen hat.
Der ironische Blick
So genau und unerbittlich Andreas Maier in seinem Leben gräbt und umgräbt, so wichtig ist ihm der ironische Blick. Eine besonders tragikomische Figur ist ihm mit der Mutter gelungen, einer Literaturbesessenen, die an ihren eigenen Ansprüchen scheitert.
Da sich Maier während seines Studiums eingehend mit Thomas Bernhard beschäftigt hat, kann man sich die Frage nicht verkneifen, ob da nicht eine Bernhard-Figur Pate für die Mutter des Ich-Erzählers gestanden hat.
Eher umgekehrt, sagt Andreas Maier: "Ich glaub, dass tatsächlich ich in den Bernhard-Figuren teilweise diese Mutter erkannt habe. Sie hat zum Beispiel Züge von Konrad im 'Kalkwerk' - jemand, der ständig von Geistesarbeit faselt, davon aber gar keine Ahnung hat."
Flirrend und lebensnah ist Andreas Maiers Prosa, so dass man dem Ich-Erzähler in "Der Kreis" wie ein Schatten zu folgen glaubt. Und wer die Wetterau auf der Deutschland-Karte nicht finden sollte, kein Problem, auf der emotionalen Landkarte kann man Friedberg und die Wetterau nach der Lektüre ganz genau verorten.
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Andreas Maier, "Der Kreis", Roman, Suhrkamp