Romanverfilmung "Agnes"
"Agnes" ist der 1998 erschiene Debütroman des Schweizer Schriftstellers Peter Stamm. Darin schildert er in 36 kurzen Kapiteln die Liebe zweier Menschen in Chicago aus der Sicht des namenlosen Erzählers. Der deutsche Regisseur Johannes Schmid hat den Roman in einen Kinofilm verwandelt und in das heutige Berlin verlegt.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 24.8.2016
Das Buch habe ihn vor zehn Jahren so gepackt, dass es ihm "das Wochenende versaut" habe, erinnert sich Johannes Schmid. Der Regisseur suchte von Beginn an den Kontakt zum Autor Peter Stamm. Wollte mehr über diese eigenartige Liebe erfahren, mit dem Schriftsteller über seine Geschichte sprechen und heraus finden, wie man daraus ein Film machen könnte.
Raum für Projektionsfläche
"Diesen Platz, den Peter Stamm in seinem Roman lässt - diese Figuren als Projektionsflächen für seine eigenen Mann/Frau-Themen zu nehmen -, den haben wir trotz der Konkretisierung zu halten versucht; dass es eine bestimmte Bedeutungsoffenheit behalten kann", so Schmid.
Es ist die Geschichte über den Beginn, die anfängliche Euphorie und den Zerfall einer Liebe. Über zwei Menschen in einer Großstadt. Über einen Mann, der versucht diese Frau namens Agnes zu verstehen. Ihre Beziehung vom ersten Tag an auf Papier bringt, ihr vorliest - Realität und Fiktion verschwimmen lässt.
"So wie es auch in der menschlichen Begegnung ist: Ich kann nicht trennen, was Wirklichkeit ist und was Vorstellung. Diese Ebenen habe ich im Film versucht anfangs deutlich getrennt zu zeigen und dann verschmilzt. Der Zuschauer muss auch aushalten, dass er in manchen Passagen nicht weiß, in welcher Eben er sich befindet. Was aber schlussendlich fürs Erleben keine Rolle spielt, denn so erfahren wir die Wirklichkeit."
Lange Szenen, reduzierte Dialoge
Das Spiel der beiden Protagonisten Odine Johne und Stephan Kampwirth ist kühl und distanziert. Beinahe hölzern wirken ihre Gespräche, als müssten sie erst überlegen, wie sie auf ihr Gegenüber reagieren sollen. Die Charaktere sind nicht einschätzbar und bleiben in ihre Darstellung schemenhaft. Johannes Schmid: "Der Film sollte insgesamt eine geschlossene Kunstwelt sein. Komischerweise finde ich, man braucht die Distanz zu den Figuren, um sich selber darin zu erkennen. Nähe und Distanz ist ja das Thema des ganzen Films."
Lange Szenen, reduzierte Dialoge, stille Momente. Peter Stamm schreibt in seinem Roman "Glück malt man mit Punkten, Unglück mit Strichen, sagte sie. Du musst, wenn du unser Glück beschreiben willst, ganz viele kleine Punkte machen. Und dass es Glück war, wird man erst aus der Distanz sehen." Peter Stamm hatte Angst vor der Verfilmung seines Romans. Doch jetzt sagt er, könnte er sich Agnes gar nicht mehr anders vorstellen.