Summer School "Smart Cities" in Wien

Die "Smart City" ist ein umstrittener Begriff - steht er doch für digital perfekt gemanagte Städte; damit aber auch für das Risiko, dass die Bürger noch stärker gegängelt werden. Die "Smart City" ist Diskussionsthema bei einer internationalen Summer School der TU Wien.

Experten aus aller Welt wie der New Yorker Soziologe Harvey Molotch oder der Stadtforscher Robert Kloosterman aus Amsterdam diskutieren hier mit einer handverlesenen Schar von Studenten und Studentinnen. Es sind 26 Doktoranden aus 13 Ländern wie Holland, Vietnam, Hongkong, Ägypten oder Rumänien. Sie kommen aus den Sozialwissenschaften, der Computer Science, dem Umweltmanagement oder Stadt- und Regionalplanung.

  • Gebäude in der autofreien Viertel Zwei in der Krieau

    Um dem schwammigen Begriff der "Smart City" auf den Zahn zu fühlen, brachte die Summer School Studierende und Professoren aus der ganzen Welt nach Wien. Der Weg zur ersten Public Lecture führte von der U2-Station Krieau über das autofreie Viertel Zwei.

    ORF/Eva Krepelka

  • Trabrennbahn Krieau

    Weiter geht es zum denkmalgeschützten Areal der alten Trabrennbahn: durch die Stallungen, über die Rennbahn bis zur Tribüne ...

    ORF/Eva Krepelka

  • Tribüne, Trabrennbahn Krieau

    Letzten Vorbereitungen für die Public Lecture von Paul Cowie (Newcastle University)

    ORF/Eva Krepelka

  • Wachsende Stadt

    Die wachsende Stadt - oft auf Kosten der Freifläche

    ORF/Eva Krepelka

  • Blick aus dem Publokum auf eine entstehende Stadt

    Langsam füllen sich die Reihen

    ORF/Eva Krepelka

  • Get Together in den Stallungen

    Nach dem Vortrag gibt es Speis und Trank in den zwischengenutzten Stallungen

    ORF/Eva Krepelka

  • HHolzküche

    Holzküche - gebaut von Studierenden der TU Wien

    ORF/Eva Krepelka

  • Buffett im Stall

    Buffet im Stall - eine mögliche Zwischennutzung

    ORF/Eva Krepelka

  • Teilnehmer der Summer School vor der TU Wien

    Studenten unterschiedicher Disziplinen - aus Israel, Ägypten, China u.a. Ländern - kamen nach Wien, um von namhaften Stadtforschern und Soziologen aus der ganzen Welt zu lernen. Harvey Molotch aus New York war einer der Vortragenden (links im Bild)

    TU Wien/Matthias Wunsch

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Service

Am Samstag, den 27. August (14 bis 17 Uhr), findet im Kuppelsaal der TU Wien am Karlsplatz die nächste Public Lecture statt: Über "Transforming Cities" diskutieren Allen J. Scott (UC LA), Harvey Molotch (New York University), Marcus Foth (Queensland University of Technology) und Agnis Stibe (MIT Media Lab). In englischer Sprache, der Eintritt ist frei.

Smart Cities - Designing Places and Urban Mentalities
TU Wien - Arbeitsbereich Urbanistik
NEST - Agentur für Leerstandsmanagement
tina vienna
IC Development

Kulturjournal, 26.8.2016

Die Herausforderungen für unsere Städte sind groß. Bevölkerungswachstum, leere städtische Kassen, hoher Flächenbedarf, dichter werdender Verkehr, soziale Konflikte zwischen Mehrheitsgesellschaft und Migranten sowie zunehmende Umweltbelastungen. Aber sind diese Herausforderungen wirklich vor allem durch den Einsatz von Hightech zu bewältigen?

Ressourcenschonendes Verhalten

Wird es wirklich die speziell zugeschnittene Software sein - die Heizung, die man vom Büro aus einschaltet -, die die Menschen zu einem ressourcenschonenderem Verhalten bewegt? Die Smart-City-Forschung hantiert mit einem Begriff, der alles andere, als genau definiert ist, meint etwa der Informatiker Abdallah Ali Abdallah Ibrahim aus Ägypten, einer der Teilnehmer.

Organisator Oliver Frey sieht hinter dem Begriff "Smart City", wie er im Städtebau verwendet wird, auch Marketingkonzepte von großen Technologie-Firmen: "Siemens, IBM, Cisco - da gibt es natürlich dann finanzielle Ressourcen für die Akademiker um zu forschen. Da versuchen wir uns dagegen zu stemmen, und zu sagen: Wir erweitern etwas den Begriff und sagen, es gibt auch kluge Arten - ohne digitale Techniken - miteinander Stadt zu machen."

Abhängigkeit von der Technik

Frey weist neben manchen Vorteilen, dass etwa Menschen in der Nachbarschaft über spezielle Apps Fahrgemeinschaften bilden können und dadurch günstig ans Ziel kommen, auch auf viele Gefahren hin: allen Voran die Gefahr der Abhängigkeit von der Technik. "Und mit dem ‚smarten‘ Begriff will man betonen, ‚jetzt seid doch endlich mal klug, wir machen eine kluge Stadt und eine kluge Stadtentwicklung‘. Das heißt: im Grunde muss davor etwas falsch gelaufen sein. Und irgendwo hat man Misstrauen, dass man die Probleme löst. Ja, wir sehen das Ganze auch als einen Hilferuf."

Sehr kritisch sieht das auch die Informatikerin Irina Anastasiu, die an der Universität von Brisbane in Australien forscht. Sie meint, wenn wir uns angewöhnen, die Mittel des täglichen Bedarfs übers Internet zu bestellen und sie uns dann noch zuliefern zu lassen, werden wir zu "Sklaven unserer Faulheit". Zwar sehe sie darin einen Vorteil für ältere Menschen, aber die arbeitende Bevölkerung?

"Eigeninitiative gefragt"

Wem sollte es nutzen, wenn wir nicht mehr einkaufen gehen und dafür mehr Zeit haben, um E-Mails zu beantworten? Die Frage ist, ob diese technologischen Lösungen unserer Probleme das Leben wirklich erleichtern, oder ob sie nur ein flüchtiger Trend sind. Irina Anastasiu meint, um wirklich kluge Lösungen zu finden, müsse man eher nach Afrika schauen, als in die westlichen Länder. Dort setzen die Menschen eher auf Eigeninitiative in ihren Lösungen und bleiben dadurch unabhängig. So hätten Menschen in Afrika mit den alten Nokia-Handys, die bei uns weggeworfen wurden, praktische Methoden der mobilen Überweisung erfunden. Ein weiteres Beispiel aus Afrika nennt Anastasiu: Durch Fahrradfahren wird Strom erzeugt, der in einer Batterie am Fahrrad gespeichert wird und dann für andere Zwecke zur Verfügung steht.

In den Diskussionen der Summer School scheint es manchmal, als seien die Lösungsversuche moderner Städte durch Hightech nicht viel mehr, als ein hilfloser Versuch die künftigen Herausforderungen zu gestalten. Als würde die Smart City mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten kann.

Gefördert wird die Summer School u.a. vom Wiener Wissenschafts-Technologie-Fonds (WWTF). Konzipiert und organisiert wurde die Veranstaltung von Oliver Frey und Esther Sophie Blaimschein vom Arbeitsbereich Urbanistik der TU Wien in Kooperation mit Geraldine Fitzpatrick (HCI Group).