Roman von Dmitrij Kapitelman
Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters
Vor 17 Jahren kam der 1986 in Kiew geborene Dmitrij Kapitelman nach Deutschland, wie er in einem Beitrag für die "taz" schreibt. Als so genannte jüdische Kontingentflüchtlinge, Kapitelman sagt: "Wiedergutmachungsjuden" habe sich die Familie in Deutschland West niederlassen dürfen. Aus Gesprächen mit dem Vater hat er ein Buch gemacht.
8. April 2017, 21:58

Hanser
Erzählt wird von einer Reise nach Israel, die der Autor gemeinsam mit seinem Vater antrat. Dabei ist es weit mehr als nur ein Reisebericht. Es geht um die Suche nach Identität, um die Frage des Jüdisch-seins, auch um jene Unsichtbarkeit, die sich schon im Titel ausdrückt. Denn als die Familie 1994 nach Leipzig kam, hatte sie es dort nicht leicht. Er sei "der stinkende Russenjunge" gewesen, erinnert sich Dmitrij Kapitelman, der nie beim Fußballspielen mitmachen durfte und von Neonazis gejagt wurde. Sich raushalten, unsichtbar werden, lautete das Rezept seines Vaters.
In Israel hofft Dmitrij, einen unverstellten Blick auf seinen Vater zu bekommen - und auch auf sich selbst. Denn da seine Mutter keine Jüdin ist, ist auch er nach streng religiöser Auslegung nur ein halber Jude, eine Art Mängelexemplar, wie er ironisch feststellt. Wer also ist er? Und wer ist sein Vater wirklich, wenn er nicht unsichtbar ist?
Man könnte einen ernsten, schweren Text erwarten, eine wuchtige literarische Nabelschau. Aber weit gefehlt: Dmitrij Kapitelman hat einen wunderbar leichten Ton gefunden, voll Humor und Selbstironie, einen Ton, der den ernsten Hintergrund geschickt konterkariert.
Service
Dmitrij Kapitelman, "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters", Roman, Hanser Verlag
taz