FPÖ klagt Verfassungsrichter
Die Anfechtung der Bundespräsidenten-Stichwahl vor dem Verfassungsgerichtshof durch die FPÖ und die folgende Aufhebung der Wahl bekommt derzeit täglich neue Facetten. Zuletzt hat sich mit Johannes Schnizer einer der vierzehn Verfassungsrichter zu Wort gemeldet, um die Entscheidung für die Wahlaufhebung zu begründen - und um andererseits eine heikle politische Aussage zu machen: Die FPÖ habe schon vor dem Wahltag begonnen, die Anfechtung vorzubereiten, so Schnizer. Jetzt will die FPÖ rechtlich gegen den Höchstrichter vorgehen.
8. April 2017, 21:58
APA/HERBERT NEUBAUER
Morgenjournal, 29.9.2016
Johannes Schnizer hat die Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl mitgetragen, wie er sagt. Und Schnizer begründete das auch mit viel Überzeugung - in einem ausführlichen Interview mit der Wiener Stadtzeitung FALTER und in der ZIB2, wo der Verfassungsrichter aber auch einen politisch schwerwiegenden Verdacht geäußert hat. Die FPÖ habe die Wahlanfechtung schon vor dem Wahltag vorbereitet, weil sie offenbar in Kenntnis von Mängeln bei der Auszählung von Wahlkarten war, aber nichts tat, um diese Mängel abzustellen. Schnizers Schlüsselsatz: „Es hat eine überaus ausführliche Anfechtungsschrift gegeben mit unzähligen Beilagen und zahlreichen eidesstättigen Erklärungen. So etwas kann man nicht innerhalb einer Frist von einer Woche vorbereiten meiner Einschätzung nach. Aber vielleicht täusche ich mich.“
Und wie sich der Höchstrichter da täusche, so die prompte Reaktion von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Man werde die unwahren Behauptungen und Unterstellungen Schnizers nicht hinnehmen, so Kickl - der von einer parteipolitisch motivierten öffentlichen Falschdarstellung sprach, gegen die man medienrechtlich vorgehen werde. Schnizer ist als Jurist unumstritten, Kickl spielt auf frühere Tätigkeiten des Höchstrichters als Referent um sozialdemokratischen Parlaments-Klub und als Kabinettschef des früheren SPÖ-Bundeskanzlers Alfred Gusenbauer an. Zudem hat Schnizer sich als Van-der-Bellen-Wähler geoutet, was für einen Verfassungsrichter ebenso wie das politische Statement in Sachen Anfechtung und FPÖ beispiellos ist.
Die Anfechtungsschrift, um die es geht, hat die Kanzlei Böhmdorfer verfasst, die sich in einem Schreiben an Verfassungsgerichtshofpräsident Gerhart Holzinger gegen die Vorwurf Schnizers wehrt: Man habe erst Tage nach der Stichwahl von den Anfechtungsplänen der Mandantin FPÖ erfahren, heißt es in einer eidesstattlichen Erklärung der Kanzlei. Die Antwort Holzingers: Schnizer habe seine Privatmeinung abgegeben, von der sich der Verfassungsgerichtshof nicht distanzieren müsse. Und Spekulationen, wann eine Anfechtung vorbereitet worden ist, seien für den Verfassungsgerichtshof bedeutungslos.