Von Armin Thurnher

Ach, Österreich!

Armin Thurnher, Herausgeber der Wiener Wochenzeitung "Falter", zählt zu den angesehensten Publizisten hierzulande. Die politischen Entwicklungen in Österreich beobachtet der gebürtige Bregenzer mit Skepsis und einiger Sorge. Der zunehmend aggressive Ton in der politischen Debatte, die Erosion der kritischen Öffentlichkeit, der Aufstieg der radikalen Rechten – das alles lässt Thurnher alles andere als kalt. Da ist es nur konsequent, dass der Publizist seinem neuen Buch einen Stoßseufzer als Titel vorangestellt hat: "Ach, Österreich" heißt der Band.

Kontext, 30.9.2916

Armin Thurnher ist, nicht zuletzt dank seiner alemannischen Abkunft, ein Mann, der seine Worte mit Bedacht wählt. Rhetorische Kraftmeierei ist seine Sache nicht. Umso bedenkenswerter ist die Diagnose, die er in seinem Warn- und Nachdenkbuch "Ach, Österreich" seinem Heimatland stellt. Thurnher beschäftigt sich in siebzehn Essays mit der Frage, warum die völkisch-deutschnationale Rechte in einem der wohlhabendsten Länder Europas auf stolze 35 Prozent der Wählerstimmen kommt. Die Antworten, die Thurnher bietet, vermögen den Landeskenner nicht zu überraschen, man hat sie indes selten so kompakt zusammengefasst gelesen: Wirtschaftskrise, Massenmigration und eine von der Yellow-Press dominierte Medienlandschaft spielen da ebenso eine Rolle wie die inhaltliche und organisatorische Schwachbrüstigkeit der österreichischen Sozialdemokratie, die, seit Jahrzehnten an eine ungeliebte große Koalition gekettet, die Massen nicht mehr so recht zu begeistern weiß.

Wie in seinen Leitartikeln, Glossen und Kolumnen spielt Armin Thurnher auch in seinem aktuellen Buch jene Qualitäten aus, die seine Fans seit jeher an ihm schätzen: Thurnher verbindet einen kritischen Blick auf die schwarzen Flecken der österreichischen Seele mit einer humanistisch-aufklärerischen Agenda. Dass er darüber hinaus ein Ironiker – und ein Selbstironiker – von Graden ist, verleiht seinen Texten eine spezifisch Wienerische Qualität. In ihren besten Momenten erinnern Thurnhers Essays an die Großmeister des klassischen Kaffeehaus-Feuilletons und ihre scharfzüngigen Hervorbringungen. Nicht das Schlechteste, was man über einen politischen Kommentator des Jahres 2016 sagen kann.

Service

Armin Thurnher, "Ach, Österreich!", Zsolnay Verlag