Finnen in der Sauna
Was Männer sonst nicht zeigen
Für 5,5 Millionen Finnen gibt es rund zwei Millionen Saunen, und dorthin haben zwei finnische Dokumentarfilmer ihre Protagonisten begleitet.
8. April 2017, 21:58
POLYFILM VERLEIH
Gedreht auf analogem Filmmaterial, begleiten die beiden Regisseure Joonas Berghäll und Mika Hotakainen, Männer in private und öffentliche Saunen. In Finnland ist der Film bereits 2010 erschienen, jetzt schafft er es in einer leicht geänderten Schnittfassung auch in die heimischen Kinos.
Nackte Männer unter sich
"Dieser Film ist dem finnischen Mann gewidmet", heißt es im Abspann von "Was Männer sonst nicht zeigen." Da denkt man vielleicht an Spitzensportler wie Janne Ahonen oder Kimmi Raikonnen, bekannt für ihren sparsamen Umgang mit Emotionen. Ob Platz 1 oder 10, der Gesichtsausdruck nach dem Rennen verrät da wenig. In diesem Film ziehen sich die finnischen Männer jetzt aus, körperlich und seelisch, schwitzen gemeinsam in der Sauna, erzählen und hören zu, lachen und weinen. Männer unter sich, zumindest meistens.
Gleich in der ersten Szene sitzt ein Mann mit seiner Frau in der Sauna, klopft mit einer Laubrute ihre Beine ab und wäscht ihren Rücken. Seit 51 Jahren mache er das jetzt schon, er liebe diesen Rücken. Es wird der einzige Auftritt einer Frau im Bild sein, danach spielen sie nur noch in den Gesprächen der Männer eine Rolle, da dafür eine Hauptrolle.
Saunagespräche in Moll
Einmal nackt, wird in der Sauna niemand über Statussymbole definiert, der Unterschied optisch liegt vor allem im Bauchumfang. Nur die Geschichten der Männer sind jeweils andere, wobei die tragischen Schicksale überwiegen. Moll ist nicht nur bei so manchem finnischen Kinderlied die bestimmende Tonart, sondern auch in diesem Film. Immer wieder wird da von Verlust gesprochen, die Frau, die verstorben ist, die Tochter, zu der es keinen Kontakt mehr gibt.
Der eine hat einen Ausweg im Alkohol gesucht, der andere in einer neuen Liebe, einen gefunden. Weihnachtsmänner tauschen ihr Kostüm gegen ein Handtuch ein, ein Vodka zum Aufguss, Selbstmordgedanken. Zwei Männer mit Trisomie 21 unterhalten sich über Freundschaft, ein anderer erzählt von einem gescheiterten Ausbruchsversuch aus dem Gefängnis, der Kriegsveteran von seinen Traumata.
Die Telefonzelle, das Zelt, die Hütte am See
Und was man dabei schnell lernt: Was die private Sauna betrifft, ist der finnische Mann erfinderisch: Eine Ein-Mann Sauna in der umgestalteten Telefonzelle, die Sauna im Zelt oder im Wohnwagen im Wald, schließlich die Holzhütte mit Aussicht am See. Gibt`s nicht gibt` fast nicht. Einer, erzählt sogar vom Besuch des Braunbären in der Schwitzkammer. Der Braunbär als Adoptivsohn und Mitbewohner, der gerade einen Tisch ramponiert, während sein Ziehvater unbeeindruckt daneben steht und weitererzählt. Auch das gibt's.
Staubtrockene Inszenierung in der Dampfsauna
Und so sehr es im Bild auch dampft, so staubtrocken und monoton bleibt die Inszenierung. Statische Bilder, sogar die Landschaften, an sich spektakulär, wirken hier fast gleichgültig. Nur der finnische Mann darf erzählen, lachen, weinen, ungeschminkt und ungeschönt, nackt vor der Kamera. Am Ende werden die Männer im Bild versammelt, und singen ein Lied: über ein Eichhörnchen das aus seinem Kämmerlein in die Welt hinaus schaut, ein Wiegelied in Moll, ein Gute Nacht auf Finnisch.