Alexander Mitteräcker

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Online

"Standard" arbeitet an News-Algorithmus

Nicht erst seit dem Abgang der langjährigen Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid kursieren Gerüchte über eine Neuausrichtung des "Standard". Im #doublecheck-Interview spricht "Standard"-Vorstand Alexander Mitteräcker über die Expansion nach Deutschland und wie ein Algorithmus das Fortbestehen sichern soll. Ziel ist eine Art Facebook zu schaffen, nur ohne Filterblase.

Seit 1988 wird der "Standard" gedruckt, und geht es nach Alexander Mitteräcker, seit November 2016 alleiniger Vorstand, wird das Printprodukt auch weiterhin fortbestehen. "Die Wertschätzung und die Werbewirksamkeit sprechen dafür, solange Nachfrage besteht, das Produkt weiterzuführen", sagt Mitteräcker.

Dabei gehen die Werbeeinnahmen seit 2011 kontinuierlich zurück. Kompensiert werden diese mit den Einnahmen aus dem Online-Bereich. Die Vermutung, dass dadurch mehr Druck entsteht, Content liefern zu müssen, der zielsicher viele Klicks generiert, liegt nicht fern. Von journalistischer Schleißigkeit oder "Clickbait"-Methoden auf DerStandard.at will Mitteräcker aber nichts wissen.

Alexander Mitteräcker

Alexander Mitteräcker

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"Wir müssen uns laufend überlegen, wie wir besser, schneller und effizienter werden", sagt Mitteräcker. Angesichts einer diffusen Nachrichtenlage sei das Berichten online schwierig. Alleine durch die vielen, sehr beliebten Live-Ticker, die personalintensiv seien. Wer seine Online-Präsenz verstärken will, benötigt also Geld. "Wir brauchen Ressourcen, die woanders abgezogen werden", bestätigt Mitteräcker. Der Aufsichtsrat hat Mitteräcker 1,3 Millionen Euro für Online-Projekte genehmigt. Dass durch den Ausbau des Online-Bereichs die Printredaktion leiden oder gar ausgehungert werde, sieht Mitteräcker nicht. Im Gegenteil: "Wir machen das, um unser Fortbestehen sicherzustellen."

Alexander Mitteräcker im Interview mit Stefan Kappacher, Teil 1

DerStandard.de soll im Herbst starten

Was für Facebook Indonesien ist, soll für den "Standard" Deutschland sein. Der deutsche Markt soll mit "DerStandard.de" als eine Art Testlabor für die Online-Vorhaben dienen, die nach und nach auch in Österreich umgesetzt werden sollen. Spätestens im Herbst soll die Expansion vollzogen sein. Bereits jetzt kommt ein guter Teil des Traffics aus Deutschland. Fakt sei auch, dass der österreichische Markt nicht ausreiche, um den "Standard" langfristig zu finanzieren.

Alexander Mitteräcker, Teil 2

Wie Facebook, nur ohne Filterblase

Das Kernstück der bevorstehenden Erneuerungen ist ein Algorithmus, an dem derzeit gearbeitet wird. In einigen Jahren dürfte die Startseite von DerStandard.at dann bei jedem Nutzer anders aussehen. "Die Kunst dabei wird sein, keine Filterbubbles entstehen zu lassen, aber trotzdem auf individuelle Bedürfnisse einzugehen", erzählt Mitteräcker. Algorithmen, so wie sie Facebook ganz prominent nutzt, seien auch im Journalismus die Zukunft. "Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie wir dem User das bieten können, was ihn interessiert. Es ist nicht die Frage, ob wir einen Algorithmus machen, sondern wie wir es machen." Die Rolle der Redakteure wird sich dadurch ändern. Sie geben dann nur Relevanz und Aktualität an, den Rest macht das Programm auf Basis des individuellen Nutzerverhaltens.

Alexander Mitteräcker im Interview, Teil 3

Die Community einbinden

Ausgebaut werden soll außerdem der User-Generated Content, also Artikel und andere Medieninhalte, die direkt von den Nutzern und Lesern beigesteuert werden. Alleine an der Anzahl der Forenbeiträge und Postings erkenne man das Interesse an der Interaktion und dem sogenannten "Bürgerjournalismus". "Der Standard ist groß geworden mit dem "Kommentar der anderen". Hier ist eine Selektion notwendig gewesen. Online haben wir unbegrenzt viel Platz", sagt "Standard"-Chef Alexander Mitteräcker.

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