
EBERHARD SPANGENBERG
Buch und Ausstellung
Radek Knapp trifft Alfred Kubin
Das Image, das ihm von Marcel Reich-Ranicki vor bald einem viertel Jahrhundert verpasst wurde, verfolgt Radek Knapp bis heute: "Dieser Autor hat Witz, Pfiff, Humor" - so hatte der Kritikerpapst in den 90er Jahren den Debütband "Franio" gelobt, mit dem der aus Polen stammende Wiener einen literarischen Blitzstart hingelegt hat. In einer ganzen Reihe weiterer Erzählungen und Romane hat Radek Knapp seine ironisch-flotte Schreibweise weiter perfektioniert. Dass er auch anders kann, zeigt er jetzt mit einer Auftragsarbeit des Leopold Museums: Radek Knapp hat einen Text zu Bildern des großen Expressionisten Alfred Kubin geschrieben. Dazu gibt es jetzt ein Buch und eine Ausstellung.
3. August 2017, 02:00
Morgenjournal, 3.7.2017
"Wie passt das zu Kubin?"
Alfred Kubin und Radek Knapp - das ist eine überraschende Paarung. Hier Bilder voller Düsternis und Beklemmung, da ein Autor, bekannt für seine unbeschwert-heiteren Texte.
"Man hätte für diese Geschichte einen wie Köhlmeier nehmen können", sagt Radek Knapp, "einen, dem man Tiefe zuspricht, aber man hat sich für einen lustigen, humorvollen Migrantenschreiber entschieden - wie passt das zu Kubin?" - Soviel gleich vorweg: Es passt. Und Radek Knapp unterstreicht das auch gleich mit den Worten: "Man findet sich in der Umarmung eines großen Geistes wieder und das kann einem Autor unserer Zeit nur gut tun."
Bilder für heute
Aus 240 Kubin-Grafiken aus der Sammlung des Leopold-Museums hat Radek Knapp 41 ausgesucht und er hat viele Parallelen zur Zeit ihrer Entstehung vor rund 100 Jahren gefunden: "Es war eine Zeit des Umbruchs und der Beschleunigung - für das Individuum eine Angstsituation. Genau das haben wir heute auch, es ist, als hätte Kubin all diese Bilder für heute gemalt."
Eine fantastische Erzählung
Die Geschichte, die Radek Knapp zu diesen Bildern erzählt, beginnt in einer trostlosen Gegend: "Verrufener Ort" heißt die Tuschezeichnung - kahle Bäume, ein verfallenes Haus. Von hier macht sich Isidor, gestützt auf einen Stock, auf in die Stadt - mit der großen Frage "Wer war ich in den letzten achtzig Jahren?" Schließlich trifft er auf den Teufel, der bereit ist, ihm Auskunft zu geben.
In guter Gesellschaft
Die fantastische Erzählung von Radek Knapp kann man zum einen in dem eben erschienenen Buch "Die Stunde der Geburt" nachlesen, zum anderen kann man sie im Leopold Museum entlang der ausgestellten Kubin-Grafiken sozusagen durchschreiten.
Einige der Bilder werden hier übrigens erstmals zu sehen sein, erklärt Radek Knapp stolz und mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: "Jetzt hat meine Eitelkeit natürlich einen sehr gefährlichen Schub bekommen. Es gibt nur wenige Autoren, deren Bücher mit Alfred Kubins Grafiken illustriert wurden, Autoren wie Kafka, Strindberg, Edgar Allen Poe oder Meyrinck. Ich bin also endlich in einer guten Gesellschaft."
Service
Radek Knapp, "Die Stunde der Geburt - Eine Erzählung zu 41 Grafiken von Alfred Kubin", Deuticke
Leopold Museum - Radek Knapp trifft Alfred Kubin. Die Ausstellung wird am 6. Juli um 19.00 Uhr eröffnet.