Jan Josef Liefers, Harriet Herbig-Matten, Heike Makatsch

CONSTANTIN FILM VERLEIH

Film

Das rätselhafte "Pubertier"

Als der deutsche Journalist und Schriftsteller Jan Weiler 2014 seinen Erfahrungsbericht eines Vaters mit seiner pubertierenden Tochter veröffentlichte, entwickelte sich das Buch in kürzester Zeit zum Bestseller. Jetzt hat der deutsche Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann "Das Pubertier" verfilmt.

Morgenjournal, 5.7.2017

Wolfgang Popp

Dramaturgischer Ausnahmezustand

Gerade waren sie noch ein Herz und eine Seele, der Vater und sein Herzenstöchterchen, da setzt unerbittlich die Pubertät ein. Mit einem Mal wird aus dem harmonischen Miteinander der permanente Ausnahmezustand und aus dem Sonnenschein, der einzigen Tochter Clara, das Pubertier.

Jan Josef Liefers, Harriet Herbig-Matten, Heike Makatsch

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Dutzende Episoden hat der Schriftsteller Jan Weiler in seinem Buch versammelt, pointiert geschrieben und giftig formuliert, aber in loser Abfolge. Regisseur Leander Haußmann: "Wie immer, wenn es einen Stoff ohne Plot gibt, fragt man mich, weil man weiß, dass meine Filme in der Regel keinen Plot haben. Und so kam das Buch, das ja kein Roman ist, sondern eine Folge von Zeitungs-Kolumnen zu mir."

Die Sprache der Sprachlosen

Das Drehbuch rund um die Sprach- und Verständnislosigkeit zwischen den Eltern und ihren Pubertieren, rund um erste Partys und erste Liebe, entstand als Kooperation zwischen Autor und Filmemacher, so Jan Weiler: "Wir haben viel gemeinsam entwickelt; den Großteil, vor allem, was die Dramaturgie betrifft, hat er dann gemacht, weil wenn ich das machen würde, wäre der Film 39 Stunden lang. Am Ende habe ich noch einmal geschaut, dass der Sound von den Figuren stimmt."

Weckruf

Das schwierige Verhältnis zu Vorzeigevätern, die von ihren Pubertieren akzeptiert werden, wird im Film genauso thematisiert wie das leidige morgendliche Aufstehen. Leander Haußmann: "Genauso wie im Film habe ich meinen Sohn auch einmal geweckt, indem ich meine riesigen Dreiwege-Boxen in sein Zimmer geschleppt und dann ganz laut ‚Morning has broken‘ von Cat Stevens aufgedreht habe."

Die Handschrift des Regisseurs

Leander Haußmann, der im September übrigens auch in Wien zu sehen sein wird - nach mehr als zwanzig Jahren kehrt er mit einer Inszenierung des Sommernachtstraums ans Burgtheater zurück -, hat sich im Kino mit anspruchsvollen Komödien einen Namen gemacht. Seine Saga über den Verlierer "Herr Lehmann" war genauso wunderbar ungewöhnlich wie sein abgehobenes DDR-Epos "Sonnenallee".

Leander Haußmann: "Ich bewege mich zwischen den Stühlen, bin irgendwie Mainstream aber auch irgendwie Arthouse, schrullig eben. Aber ich habe es schon gerne, dass man meine Filme erkennt, dass sie eine eigene Handschrift tragen."

Die Handschrift Haußmanns ist nur leider ziemlich unleserlich geworden. Seine Darsteller lässt er wie auf Speed agieren, in Sachen Humor gibt er dem Schenkelklopfen den Vorrang vor der feinen Klinge und statt gepflegter Zurückhaltung herrscht bis zum Fremdschämen übertriebener Slapstick vor. Ein Film, der einen genauso ratlos zurücklässt wie das rätselhafte Pubertier, das er beschreibt.