Streikende Frauen

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"Die göttliche Ordnung" von Petra Volpe

Als eines der letzten europäischen Länder führte die Schweiz 1971 das Frauenwahlrecht ein. Warum das so lange gedauert hat? Vor allem weil in einer Volksabstimmung von Männern darüber entschieden wurde. Welche Konflikte zwischen Männern und Frauen dabei ausgetragen wurden, und dass sich die Frauen selbst nicht einig waren, das zeigt der Film "Die Göttliche Ordnung" durchaus humorvoll am Beispiel einer Gruppe von Aktivistinnen aus dem Kanton Appenzell.

Morgenjournal, 3.8.2017

Arnold Schnötzinger

Dass Frauen zu Beginn der 1970er Jahre in der Schweizer Provinz plötzlich Hosen tragen, wird für die Männer eines Appenzeller Dorfes bald noch das geringste Problem sein. Denn einige Frauen haben die Nase voll von der Hierarchie der Geschlechter, von der Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit und der Bevormundung im Alltag. Mit ihrem Wunsch auf einen eigenen Job stößt die Mittdreißigerin Nora (Marie Leuenberger) auf Widerstand bei ihrem Ehemann (Maximilian Simonischek), der ja ihr von Gesetzes wegen das Arbeiten verbieten kann.

Erstarrte Geschlechterrollen

1971 steht das Frauenwahlrecht zur Abstimmung, der Kampf dafür im Mittelpunkt des Films "Die göttliche Ordnung", für Regisseurin Petra Volpe der Leitfaden für einen genauen Blick auf erstarrte Geschlechterrollen. Nora ist zuvorderst Hausfrau, Mutter, Pflegekraft und Lustobjekt des Mannes. Doch eigentlich sind nicht nur Frauen betroffen, findet Petra Volpe: "Auch die Männer sitzen im Gefängnis der Geschlechterrollen, leiden unter den fixen Vorstellungen, wie ein Mann und wie eine Frau in der Gesellschaft zu sein hat."

Tischfußball statt Strickclub

Noras Engagement für das Frauenwahlrecht, also ihre politische Emanzipation, ist eng verknüpft mit der Entdeckung ihres Körpers, ihrer Sexualität und weiblicher Gemeinschaftsgefühle. Enge Hosen, knallgelbe Pullover, eine Frisur aus der Modezeitschrift, nicht mehr Strickclub sondern Tischfußball, alles Motive, mit denen Petra Volpe dem spröden Grundthema auch kinogerechte Bilder abzutrotzen vermag.

Auch zu Hause bei Nora weht ein neuer Wind: Dass Buben im Volksschulalter das Geschirrabtrocknen verweigern, weil ja männlich, ist aus heutiger Sicht einer der unfreiwillig skurrilen Momente des Films. "Die beste Voraussetzung für eine gute Komödie ist eine dramatische Geschichte wie eben die späte Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz. Das schließt aber nicht aus, dass man darüber mit leichter Hand erzählt", meint Petra Volpe.

Sympathische Bodenständigkeit

Petra Volpe setzt in "Die Göttliche Ordnung" dem Image eines humorlosen Feminismus unverkrampfte Pointen und unaufgeregte Frauensolidarität entgegen. Nicht militante Gesten, politisches Pathos und demonstrative Opferrollen, sondern eine sympathische Bodenständigkeit bringt hier eine doch nicht so göttliche Ordnung zu Fall.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger