Indisches Vizekönigspaar im offenen Wagen

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Kino

"Fake History" und Pathos: "Der Stern von Indien"

Mit ihrer Komödie "Kick it like Beckham" über fußballspielende Mädchen, hat die britische Regisseurin Gurinder Chadha 2002 einen Überraschungserfolg geschafft. Jetzt nahm sie sich eines historischen Stoffes an: In "Der Stern von Indien" erzählt Chadha von der Teilung Britisch-Indiens in das muslimische Pakistan und das säkulare Indien im Jahr 1947.

Ein persönlicher Film für die Regisseurin

Da die weltpolitisch Bühne, der Teilungsprozess Indiens als historisches Ereignis - das von bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen mit rund einer Million Toten begleitet war und im Zuge dessen rund 20 Millionen Menschen umgesiedelt und vertrieben wurden - dort das persönliche Anliegen der Regisseurin: Sie habe einerseits den politischen Prozess, zugleich aber auch dessen Auswirkungen auf die einfache Bevölkerung, wie etwa ihre Großmutter, erzählen wollen. So Gurinder Chadha, die als Tochter von Flüchtlingen aus dem heutigen Pakistan in Kenia geboren und in London aufgewachsen ist. Und die 57-jährige Regisseurin tut dies auf zweifelhafte Weise, mit Blick auf ein möglichst breites Kinopublikum.

Mittagsjournal, 8.8. 2017

Wolfgang Popp

Pathos, Pomp und Kitsch

Der britische Lord Mountbatten soll als letzter Vizeregent von Indien das Land in die Unabhängigkeit führen. Sein Palast in Neu Delhi ist auch der zentrale Spielort des Films: in den oberen Etagen die politischen Eliten und Entscheidungsträger. Unten die Angestellten, die Diener und Köche. Ein multiethnischer Mikrokosmos, auf den die politischen Entscheidungen unmittelbar einwirken. Aber mit viel Pathos, Pomp und Kitsch platziert Chadha dann ein Liebesdrama zwischen einem jungen Hindu und einer Muslimin, beide Palastangestellte, vor den kolonialen Kulissen.

Kritik wegen fehlender historischer Präzision

Historische Fakten sind dann nicht mehr nur Handlungsrahmen und Spielwiese für die Figuren, sondern Chadha setzt die politischen Kalkulationen und Doppelbödigkeiten als Hebebühne für die Fallhöhe des Dramas ein, opfert historische Präzision einer möglichst breitenwirksamen Narration. Die Regisseurin, die teils auch dokumentarisches Material in den Film einstreut, hat dafür viel Kritik geerntet. Der britische Guardian schrieb etwa von "Fake History".

Chadha betont dann auch die Aktualität des Films. Religiöse und ethnische Konflikte, Hungersnot, Flucht. Die Realität habe sie während der Produktion eingeholt. Als sie vor sieben Jahren mit der Drehbucharbeit begonnen habe, hat es noch keinen Brexit, keinen Syrienkonflikt gegeben. Aber gerade die Aktualität und mediale Präsenz von Fluchtgeschichten und Bildern hinterlässt bei diesem Film, mit seinen Überdramatisierungen einen zusätzlichen fahlen Beigeschmack. Eine visuell opulente Produktion, die bei einem Blick hinter die Fassaden schnell zu bröckeln beginnt.

In Indien kommt der Film nächste Woche in die Kinos, drei Tage nach dem 70. Unabhängigkeitstag am 15. August.