Wegweiser zu einem Wahllokal

APA/ROBERT JAEGER

"Es wird düster"

Künstlerinnen und Künstler zur Wahl

Im Wahlkampf hatte das Thema Kultur kaum Platz eingenommen, abgesehen von ein paar Lippenbekenntnissen der Spitzenkandidaten. Als im Jahr 2000 Schwarz-Blau in die Regierung kam, waren es vor allem die Kulturschaffenden, die zu einem breiten Protest aufriefen, Boykotte und Demonstrationen starteten und auf die Straße gingen. Auch jetzt rechnet man in der österreichischen Kulturszene mit einer Neuauflage von Schwarz-Blau. Wie beurteilen Künstlerinnen und Künstler das Wahlergebnis?

Ö1 Mittagsjournal, 16.10.2017

Eva Blimlinger, Rektorin der Universität für Bildende Künste

Eine Ökonomisierung der Kunst unter dem Deckmantel der Effizienzsteigerung befürchtet Eva Blimlinger, Rektorin der Universität für Bildende Künste.

"Meine Befürchtungen sind, und das sieht man in Oberösterreich und der Steiermark, dass man versuchen wird, mit dem Argument der Einsparungen vieles zu machen – vor allem Zusammenlegungen – wie man an den Museen sieht - und das wird dann auch ein inhaltlicher Eingriff sein. Wenn Schwarz-Blau kommt, werden es für die Kunst und Kultur und auch für die Universitäten in keine lustigen Jahre."

Robert Menasse, Schriftsteller

Lustige Jahre erwartet auch der Schriftsteller Robert Menasse nicht. Kurz hetze die Massen mit populistischen und antieuropäischen Slogans auf, sagte der frisch gebackene Sieger des Deutschen Buchpreises gegenüber der italienischen Tageszeitung "La Repubblica". Er schließe nicht aus, dass Österreich zum fünften der Visegrad-Länder werden könnte, die sich gegen die europäische Flüchtlingspoltik wehren. In diesem Fall würde er in ein anderes Land ziehen.

Martin Grubinger, Percussionist

Dass der proeuropäische Weg weitergegangen werde, hofft der Percussionist Martin Grubinger, der selbst viel im Ausland unterwegs ist.

"Meine Befürchtung als Künstler ist, dass es in der Unterstützung für Kultur und Kunst an sich und ganz besonders in der zeitgenössische Kunst und Musik zu Kürzungen kommt. Ich hoffe, dass man sich darauf besinnt, dass Österreich ein Musikland ist und ein Land der Kunst und Kultur und, dass das ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Identität ist."

Erwin Wurm, Künstler

Die Kraft zur Veränderung hingegen, traut der Künstler Erwin Wurm der neuen ÖVP unter Kurz zu. Kulturpolitisch sei er entspannt.

"...da ich von den Subventionen schon lang nicht mehr abhängig bin und ich immer dafür eintrete, dass der Staat Voraussetzungen schaffen sollte, die die Situation der Künstler verbessern, und sich nicht Liebkinder halten sollte, in dem man sie mit wenig Geld, das grad das Überleben sichert, an sich bindet. Man sollte die Künstler in die Freiheit entlassen, die Gesetzeslage so ändern, dassie eine Chance haben, selbständig zu überleben, indem man zum Beispiel den Kunstkauf abschreibbar macht."

Nikolaus Habjan, Regisseur und Puppenspieler

"Ich glaub das wird düster, definitv düster – und ich glaub unsere Aufgabe als Künstler ist es dagegen noch stärker aufzutreten."

Die Zukunft ist kurz – so Habjan auf seiner Facebook-Seite.

"Wenn man denkt, dass es bei "Österreich zuerst" der FPÖ damals ein Lichtermeer gab und wenn man sich die Themen anschaut, die ja im Prinzip dieselben sind….. aber jetzt ist es allen wurscht, jetzt wird es sogar noch gefeiert und das finde ich extrem gruselig."

Tina Leisch, Regisseurin

"Unabhängig welche Regierung jetzt herauskommt, glaub ich, muss man den Rechtsruck in der Wählerschaft als Auftrag nehmen."

Tina Leisch geht mit ihrer Bewegung "Die schweigende Mehrheit" immer wieder für die Schwachen der Gesellschaft aktiv auf die Straße. Sie befürchtet einen neoliberalen Umbau der Gesellschaft und weitere Entsolidarisierung.

Doron Rabinovici, Schriftsteller

"Wir haben es mit einer Sehnsucht nach dem Bodenständigen zu tun, und ich glaube, dass kritische Stimmen es in dieser Situation schwerer haben. Es ist ein Durchmarsch des Rechtspopulismus und man darf nicht vergessen, bei der FPÖ ist es ein Populismus, der einen rechtsextremen Kern kaschieren soll."

HK Gruber, Komponist

Der Komponist HK Gruber hofft gegen alle Erwartungen auf die Weiterführung einer Großen Koalition.

"Immerhin haben die Sozialisten mit Drozda und Ostermayer einen Schimmer von Kulturverständnis entwickelt, also wäre in einer Koalition mit den Roten angebracht, dass die das Kulturressort behalten."

Fazit

Anlass zu Optimismus gibt es in der Kulturszene kaum, mit einer schwarz-blauen Regierung wird gerechnet. Einigkeit herrscht weitgehend darüber, dass unabhängig von den Koalitionsgesprächen eine starke Stimme der Kunst gegen Xenophobie, für ein stärkeres soziales Miteinander und einen pro europäischen Kurs nötig sein wird.