Julian Schutting

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Julian Schutting zum 80. Geburtstag

Er ist Autor von mehr als 50 Büchern, und hat mit etlichen davon neue literarische Wege beschritten. Er wurde ausgezeichnet unter anderem mit dem Anton-Wildgans-, dem Georg-Trakl- und dem Gert-Jonke-Preis, um nur einige der wichtigsten zu nennen. Und er ist eine der liebenswürdigsten Persönlichkeiten des österreichischen Literaturbetriebs: Julian Schutting, der in diesem Oktober 80 Jahre alt wird!

Dass ihn außerhalb des sogenannten literarischen Lebens viele Menschen nicht kennen, hat nicht zuletzt mit Schuttings ausgeprägter Bescheidenheit und seinem höflichen Understatement zu tun: Julian Schutting ist keiner, der ins Rampenlicht drängt. Feste Arbeitszeiten, lange tägliche Spaziergänge und eine betont unglamouröse Wohnung am Wiener Saarplatz, das sind die Zutaten eines ruhigen Schreiballtags.

Das Poetische an der Welt und der Sprache

Als sich der in Amstetten geborene Dichter, der zuvor als Jutta Schutting gelebt und geschrieben hatte, in den 1980er Jahren zu einer Geschlechtsangleichung an seine lebenslang als männlich wahrgenommene eigene Identität entschloss, wurde dieser Vorgang von den Medien mit erstaunlicher Dezenz wahrgenommen – was auch an Schuttings eigener Unaufgeregtheit lag. Den alten Vornamen, der noch auf etlichen seiner früheren Publikationen steht, empfindet Julian Schutting selbst heute als eine Art von abgelegtem "falschen Pseudonym".

Julian Schutting ist kein Bestsellerautor für das sogenannte große Publikum. Zum einen, weil er keine Romane schreibt, und zum anderen, weil auch seine Gedichte, seine literarisch-essayistischen Werke und seine lyrische Prosa sich dem klassischen Geschichtenerzählen verweigern. Nichts komme ihm lächerlicher vor, als sich Figuren auszudenken, sagte Schutting einmal. Es ginge ihm vielmehr darum, seinen Leserinnen und Lesern das Poetische zu zeigen. Dabei handelt es sich einerseits um das Poetische an der Welt, und andererseits um das Poetische an der Sprache. Julian Schutting ist einer der genauesten Beobachter unter den österreichischen Autoren, und ein großer Poet auch in seiner Prosa. Seine im Satzbau oft hochentwickelten Texte spiegeln eine generelle Sensibilität und Genauigkeit allen Wahrnehmungen gegenüber wider, und bewahren dennoch eine gewisse Bodenständigkeit in der Analyse der Wirklichkeit.

Literaturprojekte mit Jugendlichen

Persönliche Unabhängigkeit von Verlagen und Marktgesetzen war dem Autor Julian Schutting immer wichtig. Das war auch einer der Gründe dafür, dass Schutting zunächst mehr als 20 Jahre lang im Schuldienst blieb – und das sehr gern, wie er betont. Bis heute arbeitet er mit Schüler/innen und Student/innen an gemeinsamen Literaturprojekten.
Und wenn Julian Schutting heute mit seiner fragilen, doch gleichwohl getragenen Altmännerstimme seine eigenen Texte vorträgt, dann tritt noch eine zusätzliche Ebene seiner Literatur zutage: die des zurückhaltenden Charismas ihres Autors. Auch hier zeigt sich eine Art von ausgereiftem persönlichen und literarischen Selbstbewusstsein, das die eigene Einzigartigkeit kennt, aber frei ist sowohl von Überheblichkeit als auch von Anbiederung.

Ö1 gratuliert dem Autor mit mehreren Sendungen. Unter anderem liest Julian Schutting am 22 . Oktober im Ö1 KUNSTSONNTAG sowohl die männliche als auch die weibliche Rolle in seinem Radiodialog "Nachtfahrt". Und am 26. Oktober kommen in der LITERATUR AM FEIERTAG Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter des Dichters zu Wort.

Text: Edith Ulla-Gasser