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Filmdrama
Birgit Minichmayr und Philipp Hochmair in "Tiere"
"Tiere" lautet der Titel eines Drehbuchs, das der österreichische Regisseur Jörg Kalt in den 2000er Jahren geschrieben hat. 2007 ist Kalt verstorben, konnte also die Geschichte einer tiefen Beziehungskrise nicht mehr selbst verfilmen. Der polnische Regisseur Greg Zglinski hat das Buch nun überarbeitet und selbst inszeniert, mit Birgit Minichmayr und Philipp Hochmair in den Hauptrollen.
14. Dezember 2017, 02:00
Morgenjournal | 13 11 2017
Arnold Schnötzinger
Kulturjournal | 13 11 | Interview mit G. Zglinski
Film ist "Form und Inhalt". Meistens wird die Form dazu benutzt, um den Inhalt, also die Geschichte möglichst spektakulär zu verkaufen und selbst dabei möglichst unauffällig zu bleiben. Der Film "Tiere" des polnischen Regisseurs Greg Zglinski sieht das völlig anders.
Der Inhalt, also die Beziehungskrise eines Paares, dient hier der Form. Ein längerer Aufenthalt in der Schweiz soll die Ehe des Kochs (Philipp Hochmair) und der Kinderbuchautorin (Birgit Minichmayr) wieder ins Lot bringen. Doch als das Auto auf der Reise in einen Tunnel bei Tageslicht einfährt, aber bei Dunkelheit wieder rauskommt ahnt man schon: Dieser Therapie wird kein Erfolg gegönnt sein. Regisseur Greg Zglinski sieht dabei ein grundsätzliches Missverhältnis zwischen den Partnern: "Beide haben einen völlig anderen Blick auf die Welt, sie treffen sich also nicht auf der gleichen ebene."
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Montageexperimente
Verschiedene Wahrnehmungen, eine Beziehung voller Brüche, Träume, die in Alpträume kippen, Wirklichkeiten, die sich überlagern. Für Regisseur Zglinski ein prädestiniertes Szenario für Montageexperimente und auffällige Kameraverzerrungen. Da werden Zeitsprünge nach hinten und vorne vorgenommen, Anschlüsse vorsätzlich falsch gesetzt, da wird die Chronologie einer konventionellen Erzählstruktur bewusst unterlaufen.
Zahlreiche Genreelemente
Und damit sich der Gemütszustand des Paares so richtig verdüstert scheut Regisseur Zglinski auch nicht vor exzessiver Symbolik und geballtem Genrekino zurück. Der Koch, der fast schon bis zur Satire auffällig mit einem langen Messer herumläuft, ein Vogel, der bedrohlich im Haus herumsaust, ein mysteriöses, weil versperrtes Zimmer. Achtung Geheimnis! Parallel zum Bild gerät auch die Tonspur immer mehr in Schieflage.
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Schalter im Kopf umlegen
Manches scheint hier überzogen, zu sehr dem eigenen Formwillen geschuldet. Nicht nur deshalb ist der Film "Tiere" ein Wagnis, der aber immerhin etwas riskiert. Wer mit der Sehgewohnheit linearer Erzählungen an ihn herangeht, wird sich nur schwer zu Recht finden. Ist der Schalter im Kopf aber umgelegt, wird man aber auch überrascht sein, wie kurzweilig eine Geschichte sein kann, die ihre Form nicht versteckt, sondern ganz bewusst ausspielt.
Gestaltung
- Arnold Schnötzinger