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Film
Sarkastischer Blick auf ein "Casting"
Filmemachen ist eigentlich eine Teamleistung. Doch oft haben Regisseure, Schauspieler und Produzenten unterschiedliche Vorstellungen über die künstlerische Vision eines Projekts. Wie dabei ein richtiges, vor allem zwischenmenschliches Chaos entstehen kann, davon erzählt der deutsche Film "Casting" mit sarkastischem Unterton.
11. Jänner 2018, 02:00
Morgenjournal | 11 12 2017
Arnold Schnötzinger
Wer soll die Petra spielen? Kurz vor Drehbeginn zu einer Neuauflage von Rainer Werner Fassbinders Film "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" ist die weibliche Hauptrolle immer noch unbesetzt. Langsam macht sich Nervosität breit. Eine Regisseurin, die zaudert, die Redakteurin der Spielfilmabteilung eines Fernsehsenders, die Druck macht, der Produzent, der überhaupt jemand ganz anderen vorschlägt, weil in den oberen Etagen des Senders bestimmte Wünsche kursieren. Stars sind dort gefragt. Und schließlich übermäßig selbstbewusste Schauspielerinnen, die zum Casting antanzen und hingehalten werden. Mit immer weniger Verständnis.
"Anspielwurst" beim Vorsprechen
Aus dem Widerstreit gegensätzlicher künstlerischer aber auch finanzieller Interessen beim Filmemachen hat der deutsche Regisseur Nicolas Wackerbarth eine Art Film im Film gemacht. Zur Hauptfigur macht Wackerbarth aber einen, der eigentlich nicht einmal eine Nebenrolle im Fassbinder-Remake spielen soll, eine sogenannte "Anspielwurst", also ein Sparring-Partner beim Vorsprechen. Der österreichische Schauspieler Andreas Lust spielt diesen Gerwin, der Erfahrungen macht, die Lust auch selbst bekannt sind: "Die Allüren von Kollegen am Set sind immer unangenehm, weil man dann nicht miteinander spielt, sondern oft gegeneinander arbeitet."
Destruktiver Perfektionismus
Da prallen sie aufeinander: die Eitelkeiten der Künstler, ihre Egomanie, subtile Machtspiele, verlogene Schmeicheleien, ein destruktiver Perfektionismus, Kränkungen und Wichtigtuereien. Langsam aber sicher wird das Casting zur Farce. Der vorgesprochene Text des Drehbuchs zum Fassbinder-Film bezieht sich zudem immer mehr auf jene Situation, in der sich die Schauspieler gerade selbst befinden. Gespielte und wahrhaftige Gefühle durchdringen sich dabei bis zur Unkenntlichkeit.
SWR als Produzent
"Wir haben uns da auf drei Ebenen bewegt", meint Andreas Lust, "privat als Schauspieler, der den Schauspieler spielt, der wiederum versucht die vorgegebene Rolle zu spielen." Und dann wäre da noch eine vierte Ebene zwischen Tatsachenbeschreibung aus erster Hand und Selbstironie. Denn produziert hat den Film "Casting" der Südwestrundfunk der deutschen ARD, also eine jener Fernsehanstalten, die der Film selbst in die Mangel nimmt. Aufregung also, die durchaus anregend ist.
Morgenjournal | 11 12 2017
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