APA/HERBERT PFARRHOFER
Die therapeutische Tiefe der Advent- und Weihnachtsgeschichten
Anselm Grün OSB ist ein deutscher Benediktinerpater und Psychotherapeut. Immer wieder wendet er sich in seinen Meditationen auch Advent und Weihnachten zu und betrachtet die dazu überlieferten biblischen Erzählungen mit ihren symbolträchtigen Figuren und Handlungsdetails auch von einem psychologischen Standpunkt aus.
20. Jänner 2018, 02:00
Lebenskunst
Anselm Grün (24 12 2017)
Maria
Die Mutter des Jesus aus Nazareth kommt nur in den Erzählungen rund um die Geburt und Adoleszenz Jesu vor, sowie in der Passionsgeschichte als eine von denen, die unter dem Kreuz stehen.
"Maria ist das Vorbild des Glaubens", Anselm Grün.
Gottesgeburt
Wenn zu Weihnachten - eigentlich paradoxer Weise - von der Geburt Gottes die Rede ist, so ist damit, meint Anselm Grün, immer auch ein Ereignis mit gemeint, das bis heute im Inneren jedes Menschen geschehen kann.
"Die Gottesgeburt bringt mich in Berührung mit dem wahren Selbst. Theologisch gesprochen mit dem göttlichen Kind in uns", sagt Anselm Grün.
Die Hirten
Was für Christen und Christinnen infolge der Weihnachtserzählung im Lukasevangelium selbstverständlich geworden ist, - zur Zeit Jesu war es höchst ungewöhnlich, dass ausgerechnet eine Gruppe von Hirten als Erste von der Geburt des Messias erfahren sollten. Denn Hirten waren in der sozialen Rangordnung der damaligen Gesellschaft sehr weit unten.
"Die, die am Rand stehen, verstehen am ehesten was da zu Weihnachten geschehen ist".
Menschwerdung
Anselm Grün betont, dass die Erzählungen rund um die Menschwerdung Gottes immer auch mit dem Unterwegs-Sein des Menschen zu sich selbst zu tun haben.
"Wir werden Mensch, wenn wir den Mut haben in die Tiefen unserer Seele, in den Stall, einzudringen. Der Geist muss ins Fleisch kommen, dann werden wir wahrhaft Mensch", sagt Anselm Grün
Der Benediktinerpater und Psychotherapeut Anselm Grün ist auch Autor zahlreicher spiritueller Bücher. Mit einer Auflage von etwa 20 Millionen, in mindestens dreißig Sprachen, ist er einer der meistgelesenen Autoren der Gegenwart.
Licht und Dunkelheit
Die Zeit vor und rund um Weihnachten ist voll mit Texten und Symbolen, die von Licht und Dunkelheit handeln. Nicht umsonst hat die christliche Urkirche nach einigem Hin und Her das Fest der Geburt Jesu auf das Datum des Festtags des antiken Sonnengottes platziert. Es war das nicht nur ein Resultat eines religiösen Verdrängungskampfes, sondern auch Ausdruck einer religiösen Weisheit, die sich - nicht nur, aber auch - im Christentum findet.
"Viele biblische Texte sprechen vom Licht. Dunkelheit im Leben ist auch eine negative Erfahrung von vielen Menschen. Nicht umsonst zünden wir Kerzen in der Adventzeit an, die ein mildes Licht geben, ein Licht der Liebe."
Neuanfang
Nicht umsonst beginnt in der christlich geprägten Welt mit der Geburt Jesu eine neue Zeitrechnung. Ein Zeichen für die Überzeugung, dass mit diesem biblisch überlieferten Geschehen ein Neuanfang für die gesamte Welt gemacht wurde. Auch hier bezieht das Anselm Grün ebenfalls auf das Individuum.
"Weihnachten ist die Hoffnung "Ich kann neu anfangen". Ich darf mich nicht nur von der Vergangenheit festlegen lassen, sondern kann die Hoffnung haben, dass ich neu anfangen kann. Gerade zu Weihnachten sollten wir den Mut haben neu zu beginnen."