Gertrud Löw, Detail

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Das Porträt von Gertrud Loew

Gustav Klimt malte 1902 das Porträt der 19jährigen Gertrud Loew. Die hellen Farben, das pastellige Blau-Violett des Reformkleides, das war für die damalige Kunstszene in Wien revolutionär.

Die Kunstkritik überschlug sich: "Die duftigste Lyrik, deren die Palette fähig ist", schrieb der Kunstkritiker Ludwig Hevesi 1903.

Das Reformkleid der jungen Frau stammt vermutlich aus dem "Salon Flöge", aus dem Salon der berühmten Klimt-Muse und Lebensgefährtin Emilie Flöge, sagt Markus Fellinger von der Österreichischen Galerie Belvedere. Das Bild ist vom japanischen Holzschnitt beeinflusst, deshalb auch das extreme Hochformat. Klimt ging seinen eigenen Weg zum Ornamentalen hin, auch bei seinen rund 50 Frauenportraits.

Bildnis Gertrude Löw

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Wer ist die junge Frau auf dem Bild?

Getrud Loew war die Tochter eines Wiener Arztes und Sanatoriumbesitzers. Bis in die 1880er Jahre war das Krankenhaus ein Ort, in das arme Leute gingen, um zu sterben. Unter Anton Loew wurde das Krankenhaus zum modernen Sanatorium. Er kaufte den ersten Röntgenapparat Österreichs, dabei waren die Röntgenstrahlen erst kurz zuvor entdeckt worden. Er verwendete als erster abwaschbare Möbel und Operationssäle mit Oberlicht, und machte damit das Sanatorium Loew zu einer der weltweit renommiertesten Kliniken, in dem sich auch Mitglieder des Kaiserhauses behandeln ließen.

Die Familie Loew sammelte zunächst ältere Kunst, Alte Meister. 1902 wurde die Tochter des Hauses anlässlich ihrer Verlobung von Gustav Klimt gemalt. 1905 heiratete sie einen Teilhaber der Inzersdorfer Konservenfabrik, die Ehe hielt aber nur drei Jahre und Getrud Loew zog wieder in das Haus ihrer Eltern, dort dürfte das Bild auch die ganze Zeit gewesen sein.

Nach dem Tod ihres Vaters leitete sie das Sanatorium, ein Novum für die damalige Gesellschaft. Später heiratete sie den ungarischen Adeligen Felsövanyi.

Eine falsche Freundin

Als die Nationalsozialisten die Macht ergriffen war Gertrud Loew verwitwet. Sie hatte drei Kinder: Anton, Franz und Marie, alle drei flohen kurz nach dem Anschluss mit Hilfe gefälschter Papiere ins Ausland.

Die Papiere hatte Getrud Loew von einer Freundin, die bei einem Rechtsanwalt arbeitete und gefälschte Papiere verkaufte. Diese Frau war, wie sich später herausstellte, eine Hochstaplerin. Eine österreichische Baronin, die selbst Jüdin war aber mit einem Nationalsozialisten der ersten Stunde verheiratet und daher angeblich mit guten Kontakten versehen.

Nachdem ihre Kinder geflohen waren zog Gertrud Loew aus dem Palais Loew aus und in eine Wohnung im Schottenhof. Die gläubige Katholikin jüdischer Herkunft war mit dem Abt des Schottenstiftes gut befreundet, einem deklarierten Anti-Nazi, der ihr Unterschlupf anbot.

Ohne jeglichen Besitz

Gertrud Loew schaffte es erst im Frühling 1939 das Land zu verlassen. Sie versuchte noch Teile ihres Vermögens zu retten bzw. Geld für die enormen Abgaben und fürs Exil aufzutreiben. Sie besorgte sich gefälschte Papiere von ihrer vermeintlichen Freundin und übergab ihr auch ihre Kunstsammlung zur Aufbewahrung. Dann musste sie ohne jeglichen Besitz abreisen. Die Hochstaplerin versprach ihr die Kunstwerke nachzuschicken.

Zunächst floh Gertrud Loew nach Belgien zu ihrer Tochter, später konnte sie nach Kolumbien ausreisen. 1941/42 konnte sie in die USA einreisen. Während dieses Zeitraums fiel vermutlich auch das Porträt von Klimt in die Hände der Hochstaplerin, meint die Provenienzforscherin Sonja Niederacher, die für die Klimt-Stiftung recherchierte.

Das Bild wechselt den Besitzer

Tatsache ist, dass das Klimt Bild als nächstes in den Besitz von Gustav Ucicky kam. Gustav Ucicky war laut eigenen Angaben der Sohn von Gustav Klimt. Er war aber auch ein führender Filmregisseur der NS-Zeit. Seine Propaganda-Filme verhalfen ihm zu einem Vermögen mit dem er sich Klimt überhaupt erst leisten konnte.

1939 zog er von Berlin nach Wien und begann Bilder von Klimt zu kaufen. Auf jeden Fall muss er das Portät von Gertrud Loew im Jahr 1942 schon besessen haben, denn im Archiv des Belvedere wird Ucicky in der Notiz eines Kurators einer Klimt-Ausstellung als Leihgeber des Bildes erwähnt. Das ist der Hinweis, dass das Bild zwischen 1939 und 1942 den Eigentümer gewechselt haben muss, so Sonja Niederacher.

Außerdem war das Porträt nach den Angaben von Anton Felsövanyi, dem Sohn von Gertrud Low, im Frühjahr 1938 noch im Besitz seiner Mutter. Sie hatte es also nicht schon früher verkauft. Das macht das Bild eindeutig zu Raubgut. Der Kauf während der NS-Zeit ist nichtig.

Erben und neue Besitzer einigen sich

Das Bildnis "Gertrud Loew" war inzwischen Teil der Klimt-Stiftung, die von der Witwe des NS-Regisseurs Ucicky eingerichtet worden war. Es kam im Jahr 2014 zu einer Einigung mit den Erben nach Gertrud Loew.

Das Bild wurde im Jahr 2015 versteigert, der Nettoerlös von 31 Millionen Euro wurde 50:50 zwischen den Erben und der Klimtstiftung aufgeteit.