Ziegenherde

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Journale

Syrische Flüchtlingsschicksale in Jordanien

Der seit fast genau sieben Jahren andauernde Bürgerkrieg in Syrien hat zur größten Flüchtlingskatastrophe seit dem zweiten Weltkrieg geführt. Mehr als sechs Millionen Menschen sind innerhalb Syriens vertrieben und auf der Flucht, 5,5 Millionen sind vor allem in die Nachbarländer Türkei, Libanon und Jordanien geflohen.

In Jordanien sind 660.000 als Flüchtlinge registriert und erhalten Unterstützung von der UNO. Schätzungen zufolge leben aber 1,2 Millionen Syrer in dem Land. Kinderarbeit und auch Kinder-Ehen sind Folgen der Armut, in der viele Familien Leben.

"Wir Syrer sind ein schwerer Stein für Jordanien."

Die syrische Familie mit sechs Kindern, die wir besuchen, lebt in einem ehemaligen Schafstall. Drei Räume umfunktioniert zu einer Wohnung. Schafhirten ziehen vorbei, haben andere Behausungen für ihre Tiere.

Der 6-fache Vater Hilal aber sagt: "Wir Syrer sind eine Belastung für Jordanien, ein schwerer Stein" Er will den Jordaniern danken. Hier in der Stadt Mafraq nahe der syrischen Grenze leben mehr syrische Flüchtlinge als einheimische Jordanier.

Küche

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Kinderarbeit als Folge von Geldmangel

"Die arabische Sitte ist: Wenn Du einen Gast aufnimmst, bleibt er für drei Tage. Drei Jahre sind zu viel - wir sprechen jetzt schon von sieben Jahren", meint Hilal.

So lange dauert der Syrienkrieg. Durch die Bevölkerungszunahme sind die Mieten in Jordanien massiv gestiegen. Umgerechnet 110 US-Dollar zahlt die Familie für die Räume im Schafstall. Von der UNO bekommen die acht Personen 160 Dinar, für Essen bleibt wenig. Kinderarbeit war eine Folge.

"Als ich krank war, haben die beiden ältesten Kinder Metall gesammelt und altes Brot, um es zu verkaufen an die Schafbauern", sagt der Vater. So seien die zwei Kinder ein Jahr lang nicht in die Schule gegangen.

Er selbst könne kaum arbeiten, sagt Hilal und zeigt eine lange Operationsnarbe an Hals und Schulter. Er gehe also zu Hilfsorganisationen - zum islamischen Komitee und der katholischen Caritas etwa. Die zahlt jetzt für drei Monate die Miete.

Familie sitzt auf dem Boden

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Ständig auf der Flucht

Die sunnitische Familie stammt aus Homs in Syrien. Er habe eine Abschlachtung durch mit dem Assad Regime verbündeten Schiiten überlebt, sagt Hilal, sei kilometerweit barfuß davongelaufen, seine Frau Nihad berichtet: "Die Hisbollah hat meinen Cousin geköpft und seine kleinen Kinder getötet."

Ihr Nachbarhaus ist zerbombt, erzählen die zwei. Vom eigenen Haus haben sie Fotos bekommen, es sei völlig geplündert. Sogar die Stahlkonstruktion.

Ein Bruder und die betagten Eltern sind noch in Syrien - ständig auf der Flucht; andere Familien-Angehörige im Libanon und eine Schwester in Deutschland. Hat sie das meiste Glück gehabt? Ja, lacht das Ehepaar, sie hat Asyl bekommen, hat eine Wohnung, die Kinder erhalten eine gute Ausbildung, sprechen schon gut Deutsch.

Kinderehen nehmen zu

Viele Syrer in Jordanien hingegen verheiraten ihre Töchter schon ab dem Alter von 15 Jahren, sagt die Jordanien-Delegierte der Caritas Österreich Judith Hameseder:

"Es wird angenommen, dass damit Mädchen geschützt sind vor Gewalt und die Familie hat damit eine finanzielle Erleichterung, weil ein Mitglied weniger im Haushalt ist, das versorgt werden muss. Kinderehen gab´s schon vor der Syrienkrise. Tendenziell sehen wir aber schon, dass mit der Unsicherheit der Menschen Kinderehen zunehmen."

Hilfsorganisationen versuchen gegenzusteuern. Caritas-Österreich finanziert mit Spenden Schulen für 8500 syrische Kinder in Jordanien.

Buben versuchen, Taschentücher zu verkaufen

Buben versuchen, Taschentücher zu verkaufen

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"Unsere Bildungsprojekte sind ein wesentlicher Schlüssel, wo wir versuchen durch finanzielle Unterstützung der Eltern den Schulbesuch zu ermöglichen, um zu verhindern, dass Kinderehen eingegangen werden und dass durch Kinderarbeit ein Beitrag zum Haushaltseinkommen geleistet wird", meint Generalsekretär Klaus Schwertner.

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Ein Beitrag geteilt von https://www.instagram.com/cariklaus/" style=" color:#c9c8cd; font-family:Arial,sans-serif; font-size:14px; font-style:normal; font-weight:normal; line-height:17px;" target="_blank"> Klaus Schwertner (@cariklaus) am

Heimkehr in weiter Ferne

Mutter Nihad konnte längst überzeugt werden und sagt über ihre 15-jährige Tochter: "Nein, ich will nicht, dass meine Tochter jetzt schon heiratet. Sie soll weiter lernen, sie will Ärztin werden. Ich bin mit 15 verheiratet worden. Ich will den Fehler nicht wiederholen."

Aber als er über die Zukunft der Kinder spricht, kommen dem Vater Hilal die Tränen. Derzeit dürfen Syrer in Jordanien nicht als Ärzte arbeiten, nur in der Landwirtschaft oder am Bau. Und an eine Heimkehr nach Syrien ist in weiter Ferne.

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Nachbar in Not - Flüchtlingshilfe Syrien