ORF/JOSEPH SCHIMMER
1931
Praterstadion, Wien
Ein Musterbau für den Sport sollte das neue zentrale Stadion nach Wünschen der Stadtregierung werden, ein Prestigebau des Roten Wien. Der Architekt Otto Ernst Schweizer entwarf nicht nur eine Sportarena, sondern zugleich ein multifunktionales Sportzentrum mit Trainingsplätzen, Turnhallen, einer Radrennbahn und einer Badeanlage.
24. Mai 2018, 05:00
Für den Sport ein zentraler Ort
Alois Schörghuber
Eröffnung: 1931
Architekt: Otto Ernst Schweizer
Adresse: 1020 Wien,
Meiereistrasse 7
Das Kolosseum hat der Architekt Otto Ernst Schweizer als strukturelles Vorbild für den Entwurf des Praterstadions bezeichnet, denn im Kolosseum sei die Besucherführung und die Anlage der Fluchtwege ideal gelöst. Es war in wenigen Minuten komplett zu entleeren. "Das hat Schweizer für das Praterstadion auch erreicht", sagt der Historiker Bernhard Hachleitner. Er hat seine Dissertation über das Praterstadion geschrieben.
"Was aber das Praterstadion massiv vom Kolosseum unterscheidet, ist die unterschiedliche Rolle, die dem Publikum zukommt", so Hachleitner, "Otto Ernst Schweizer will nicht steil aufsteigende Tribünen für ein Spektakel, sondern es soll sich nach außen hin öffnen, es soll relativ flach sein. Ganz wichtig ist, dass die Fläche des Sportplatzes, also die Laufbahn plus Spielfeld größer ist als der Platz, der den Zuschauern zur Verfügung steht."
ÖNB
Mit dem Stadion nahm das Rote Wien den Prater symbolisch in Besitz, die Sozialdemokratie schuf mit dieser Anlage ein Gegengewicht zu den bürgerlich-aristokratischen Sportstätten in der Stadt. "Zur ersten Großveranstaltung, die auch der Anlass für den Bau war, die Arbeiter-Olympiade 1931, hat man eine Massenaufführung mit 4.000 Mitwirkenden im Stadion mehrmals aufgeführt. Man hat den Sturz des Kapitals und den Sieg des Kapitalismus dargestellt und am Schluss dieser Aufführung bei der Arbeiterolympiade ist der Götze Kapital verbrannt wurden auf der Mittelauflage des Fußballfeldes."
ÖNB/HILSCHER
In der Folge wurde das Praterstadion die Heimstätte des Wunderteams unter dem Verbandschef Hugo Meisl. Es galt in den 1930er Jahren als bestes Fußball-Team der Welt. Gleichzeitig war es ein Ort an dem die politischen Umwälzungen der Zeit ihren Ausdruck fanden. Nach den Inszenierungen des Austrofaschismus wurde das Stadion eine Propaganda-Tribüne für den Nationalsozialismus.
PRESSEFOTO VOTAVA
Eine Gedenktafel in der Ehrenhalle erinnert an die NS-Verbrechen. Errichtet wurde sie auf Initiative des Historikers David Forster, in Gedenken an die über 1.000 jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen, die hier im Jahr 1939 gefangen gehalten wurden. Bernhard Hachleitner: "Die Gefangenen waren unter den Tribünen von Sektor B untergebracht, wo wir jetzt stehen, da gab‘s dann einfache Schlafstellen aus Stroh, wenig Versorgung, die Gefangenen waren in einem eng begrenzten Raum gehalten, durften auch den Rasen nicht betreten und waren von Polizisten bewacht. In diesen drei Wochen, in denen die Gefangenen hier waren gab es keine Sportveranstaltungen, aber am Tag nach der Deportation der Gefangenen ins Konzentrationslager Buchenwald gab es das Städtespiel Wien gegen Budapest."
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Praterstadion neben zahlreichen Fußballspielen auch Leichtathletik-Wettbewerbe und Rock-Konzerte veranstaltet. Während des Tages arbeiten hier an die 400 Menschen. In der Anlage befinden sich die Büros des Österreichischen Fußballbunds ÖFB und von fünf Magistratsabteilungen, wie zum Beispiel dem Amt für Einwanderung, für Parkraumüberwachung oder dem Sportamt. Im Jahr 1992 wurde das Stadion in Ernst-Happel-Stadion um benannt, in Anerkennung dessen Leistungen als Fußballspieler und Trainer. Gebaut für 60.000 Zuschauer, hatte es zeitweise eine Kapazität von über 90.000 bis es schließlich auf das heutige Fassungsvermögen von knapp 50.000 Sitzplätzen reduziert wurde.
Gestaltung: Alois Schörghuber
Textfassung: Anna Soucek
Service
David Forster - Die Initiative "Gedenktafel im Stadion"