David Lynch

AP/ARTHUR MOLA

Biografie "Traumwelten"

Das Leben des David Lynch

Mit "Twin Peaks" hat er nicht nur die wahrscheinlich einflussreichste Serie in der Fernsehgeschichte geschaffen, sondern seinen Ruf als "Meister des Unheimlichen" bestätigt. Einblicke in das ungewöhnliche Leben und Schaffen des mittlerweile 72-jährigen David Lynch bietet jetzt die ungewöhnliche Biografie "Traumwelten".

Morgenjournal | 25 06 2018

Wolfgang Popp

Erinnerungs-Ping-Pong

Auf dem Cover von "Traumwelten" finden sich zwei Autorennamen. Die neben David Lynch genannte Kristine McKenna war aber nicht seine Ghostwriterin, sondern eine Art literarische Sparringpartnerin für den Filmemacher: "Zuerst schrieb ich ein Kapitel, ziemlich herkömmlich, mit den biografischen Eckdaten dieser Periode in Davids Leben. Dazu interviewte ich mehr als hundert Menschen, Familienmitglieder, Freunde, Davids Ex-Frauen, und seine künstlerischen Weggefährten, darunter viele Schauspieler und Produzenten. Danach las sich David das Kapitel durch, korrigierte Fehler oder Ungenauigkeiten und schrieb dann seine Sicht der Dinge. Er verwendete also die Erinnerungen der anderen dazu, seine eigenen Erinnerungen loszutreten."

Alte Weggefährten

Chronologisch geht es durch die verschiedenen Lebensstadien Lynchs, wobei der Wechsel von Innen- und Außensicht, fortwährend für Spannungsmomente sorgt. Auch weil die Einblicke in Lynchs Leben und Arbeiten sehr tief reichen, ein starkes Vertrauensverhältnis spürt man da zwischen den Zeilen, und tatsächlich kennen sich der Filmemacher und seine Biografin schon seit beinahe vierzig Jahren.

Kristine McKenna: "Ich lernte David 1980 kennen. Ich hatte im Kino 'Eraserhead' gesehen, war ganz weg und versuchte, an ihn heranzukommen. Schließlich fand ich seine Kontaktdaten heraus und wir trafen uns für ein Interview in einem Café auf dem Sunset Boulevard, wo David damals Stunden einfach damit verbrachte, Menschen zu beobachten, worin er wirklich gut ist."

Die gläserne Brücke

Mehr als 700 Seiten ist der Band "Traumwelten" stark, voller Anekdoten und Detailbeobachtungen, die Lynchs ungewöhnliche Arbeitsweise zeigen. So erfährt man, wie der Filmemacher eine besondere Hommage an Billy Wilder in "Twin Peaks" versteckt hat, wie ihm die Idee zu unheimlichen Wesen auf einer nächtlichen Fahrt mit dem Orient-Express gekommen ist, oder wie er am Set arbeitet.

David Lynch: "Am Beginn eines Drehtages ist es, als würde man vor einer endlos tiefen Schlucht stehen. Vorsichtig beginnt man eine gläserne Brücke über dem Abgrund zu errichten, aber erst, wenn man das letzte Stück eingefügt hat, wird aus dem Glas mit einem Mal Stahl."

Die Küsse der Taylor und der Ideen

Weil Lynch Gott, Göttinnen und die Welt kennt, lernt man aber auch Stars wie Isabella Rossellini auf Augenhöhe kennen, liest von einem Kuss mit Elizabeth Taylor oder wie Michael Jackson für einen Dreißig-Sekunden-Dreh acht Stunden lang in der Maske saß. So richtig spannend wird es aber immer dann, wenn man David Lynch beim Entwickeln seiner Geschichten über die Schultern blicken kann.

David Lynch: "Für mich sind die Ideen das Allerwichtigste. Deine Idee sagt dir alles, was du wissen musst. Sie ist wie ein Samenkorn, in dem schon der ganze Baum steckt, aber noch unklar und abstrakt. Es ist aber wichtig, dass man diese Ursprungsidee den gesamten Arbeitsprozess hindurch nicht verrät."

Wie all seine Filme stellt auch David Lynchs Lebensbericht "Traumwelten" ein fast hinterhältiges Mischwesen dar. Gerade glaubt man noch auf harten biografischen Fakten zu stehen, da kippt im nächsten Moment der Boden weg und man schwebt ein ins geheimnisvolle Lynch-Universum.

Service

David Lynch, Kristine McKenna, "Traumwelten - Ein Leben", Heyne
Originaltitel: "Room to Dream"

Gestaltung

  • Wolfgang Popp

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