Castile square in Valletta

AP / RENE ROSSIGNAUD

Kulturhauptstadt

Atelierbesuch bei Luciano Micallef

Maltas Hauptstadt La Valetta ist dieses Jahr Europäische Kulturhauptstadt. Ein Umstand, der auch etliche Touristen anzieht. Doch was heißt es eigentlich, Künstler eines kleinen Inselstaates zu sein? Luciano Micallef ist einer der bekanntesten Maltas – ein vielseitiger Künstler, der mit vielen Materialien arbeitet und sich seinen kritischen Blick bewahrt hat.

Luciano Micallef lebt und arbeitet in einem weißen Bungalow in Naxxar. Nur ein kleines buntes Schild - Gallery Five - weist auf den Künstler hin. Der rechte Eingang ist für Kunstinteressierte und potentielle Käufer - der linke Teil des Hauses privat. Entworfen wurde alles von ihm selbst. Ein Großteil sogar auch ausgeführt. Sprich Mobiliar, Fußböden und einiges mehr. Er liebt es unabhängig und selbstbestimmt zu sein. Das gilt auch für die Kunst.

Das Abstrakte mit Porträt-Elementen verbinden

Die Idee zur Galerie reifte während eines USA-Aufenthaltes. 1996 war es dann soweit. Luciano Micallef konnte eröffnen. Die Liebe zur Malerei, die hatte der Künstler, Jahrgang 1954, bereits als kleiner Bub entdeckt. Der Vater war ein Sonntagsmaler, sagt er, und förderte den Sohn, wo immer er konnte. Bereits mit elf Jahren erhielt er akademischen Unterricht. So kam er zum Porträt.

"Ich war schon als Bub immer an Menschen interessiert. Mich interessiert die Psychologie sehr. Ein Porträt ist daher extrem interessant, denn wir glauben, es geht um das Gesicht, aber hinter dem Gesicht ist so viel mehr. Anfangs machte ich traditionelle Porträts, realistische; aber ich war nicht zufrieden, bis es mir gelang das Abstrakte mit Porträtelementen zu verbinden."

Im Mittelpunkt stehen die Farben

An den Wänden seiner Galerie hängen neuere Werke. Ihr vorherrschendes Element sind die vielen, starken Farben. Die Nuancen der Mittelmeerregion, sprich des Meeres, des Himmels und der wundervollen Pflanzen. Die Inhalte der Gemälde sind abstrakt.

Luciano Micallef ist ein Vielschaffender und ein sehr rigoroser Künstler. Was immer er macht, es soll zur Gänze aus seiner Hand stammen. So kam er vor sechs Jahren zur Glaskunst. Er sollte ein Kirchenfenster entwerfen. Doch für ihn sind Entwurf und Ausführung eines. So lernte er mit Glas zu arbeiten. Glas zu schmelzen.

"Das Material Glas ist sehr verschieden von der Malerei, aber es gibt ein gemeinsames Element: die Farbe. Und ich liebe Farben leidenschaftlich. Glas erlaubt einem das Maximum an Farbe herauszuholen. Denn das Hauptmedium in Glas ist das Licht. Aber dennoch gelang es mir damit auch Portraits zu machen."

Ein politischer Künstler

In seiner Galerie organisiert Luciano Micallef auch immer wieder Vorträge. Malta habe in Sachen Kunst sehr viel aufzuholen, meint er. Sein persönliches Credo: Kunst soll das Positive im Menschen fördern. Sein Dasein als Künstler impliziert auch gesellschaftspolitisches Engagement. Und so schreibt Luciano Micallef, der seine Insel über alles liebt, Artikel für Zeitungen und erhebt seine Stimme, wenn es gilt, negative Entwicklungen aufzuzeigen. Und derer gibt es derzeit etliche. Maltas boomende Wirtschaft hat viele Schattenseiten.

"Es ist das erste Mal in meinem Leben, das ich überlege, ob ich nicht Malta verlassen sollte. Malta ist in ganz schneller Zeit verändert worden. Diese zahllosen Baustellen; Bäume werden abgeholzt, Pflanzen zerstört; auch Dörfer und vor allem die Küsten sind zerstört worden. Hotels wurden errichtet ohne dass man bedachte, dass die Menschen wegen der Werte unserer Insel kommen. Wir ersetzen alles durch kommerzielle Gebäude. Das ist eine Tragödie.

Eine, die er mit anderen Gleichgesinnten, verhindern möchte. Man müsse umdenken - und dabei, ist er überzeugt - kann die Kunst helfen.