Heinz Faßmann

APA/GEORG HOCHMUTH

Bildungsminister Heinz Faßmann

Die heile digitale Welt des Ministers

Kommt die Medienkompetenz an den Schulen und Universitäten zu kurz? Experten kritisieren, dass Lehrer und Lehrerinnen in ihrer Ausbildung zu wenig über digitale Grundkenntnisse lernen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sieht im #doublecheck-Gespräch mit Nadja Hahn hingegen keinerlei Manko – weder in der Ausbildung noch im Lehrplan.

Wenn es um das Smartphone geht, sind viele Schülerinnen und Schülern ihren Lehrerinnen und Lehren im Klassenzimmer voraus. Trends, Plattformen und das Nutzungsverhalten ändern sich schnell, und wer sich mit den Jugendlichen und Kindern auf Augenhöhe unterhalten will, für den darf das Internet kein Neuland sein – umso mehr, wenn in den Schulen auch der verantwortungsvolle Umgang mit Sozialen Medien oder das Erkennen von Fake News unterrichtet werden soll.

Ab Herbst ist die "Digitale Grundbildung" in österreichischen Schulen verpflichtend. Für diese neue Aufgabe bekommen die Schulen allerdings kein zusätzliches Geld. Außerdem entscheiden die Lehrerinnen und Lehrer selbst, wie sie die vorgeschriebenen Lehrinhalte im Unterricht unterbringen. Ein eigenes Schulfach wird es in den meisten Fällen nicht geben.

"Das geht auch ohne extra Geld"

Bildungsminister Heinz Faßmann ist zuversichtlich, dass die Lernziele erreicht werden – auch ohne eigenes Fach auf dem Stundenplan: "Auf der einen Seite haben wir einen Lehrplan für die "Digitale Grundbildung" geschaffen. Und was der Lehrplan vorschreibt, sollte nach Tunlichkeit auch erledigt werden." Außerdem sei ein Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramm für Lehrer und Lehrerinnen erstellt worden. "Nur die Tatsache, dass es nicht extra Geld gibt, heißt nicht, dass es zwangsläufig zu einer schlechteren Qualität kommt."

Faßmann gegen eigenes Digital-Fach

Der Lehrplan für die "Digitale Grundbildung" sieht acht Bereiche vor, die im Umfang von zwei bis vier Wochenstunden innerhalb von vier Jahren unterrichtet werden müssen. Sie umfassen etwa Medienwandel, Datenkompetenz, digitale Kommunikation, Sicherheit, technische Problemlösungen, Betriebssysteme oder "Computational Thinking". Ein eigenes Schulfach hält Faßmann gar nicht für sinnvoll. "Wenn es ein eigenes Fach wäre, käme die Kritik: Dann sollen es die im eigenen Fach erledigen."

Umsetzung wird kontrolliert

Und wer garantiert die Umsetzung des Lehrplans? Faßmann: "Es wird kontrolliert, wie alles in der Schule kontrolliert wird: Über die Schulaufsicht. Außerdem muss man auch durchaus ein gewisses Vertrauen in Lehrer und Lehrinnen haben. Das ist etwas, was auch sie selbst interessiert und - ich bin ganz sicher - im Unterricht umgesetzt wird." Faßmann verweist außerdem auf den "Digi-Check". Der Test kontrolliert zu Beginn der achten Schulstufe, was Schüler beherrschen. Abgewickelt wird der "Digi-Check" über die Initiative der "eEducation".

An Budgetkürzung vorbeigeschrammt

Für das Schulentwicklungsprojekt "eEducation", an dem 2.000 Schulen teilnehmen, standen massive Budgetkürzungen im Raum. Die Einsparungen waren dem Bundeszentrum des Projekts in Linz angekündigt worden. Dabei handelt es sich um gerade einmal eine halbe Million Euro, aus denen auch Kurse finanziert werden, die Lehrer auf die Anforderungen der "Digitalen Grundbildung" ab Herbst vorbereiten sollen.

Jetzt soll der Budgetrahmen für die "eEducation" doch gleich bleiben. "Es ist nichts über meinen Schreibtisch gegangen, wo ich unterschrieben hätte, die Mittel für "eEducation" werden gekürzt. Das kann ich definitiv sagen", so der Bildungsminister. Heinz Faßmann bekennt sich grundsätzlich zur "Digitalen Grundbildung", er sagt: "Es ist klar, dass das eine Sache ist, die wir betreiben müssen."

Schauen, wo Computer und WLAN fehlen

Aus den Schulen kommen immer wieder Klagen, dass ganz unabhängig von der Medienkompetenz oft gar nicht die nötigen Geräte für die Vermittlung von digitalem Wissen vorhanden seien. Das soll sich ändern, verspricht Faßmann. Derzeit werde erhoben, wie es um die Hardware – also Computer und Leitungen - in den Schulen stehe. Danach werde man wissen, wie viel investiert werden muss, sagt der Minister. Zur Finanzierung will er auch auf Mittel aus der Breitband-Initiative zurückgreifen.

Bildungsminister Heinz Faßmann im Interview mit Nadja Hahn

Nachholbedarf bei Lehrer-Ausbildung

Für manche Bildungsexperten fängt das Problem allerdings noch früher an. Sie kritisieren, dass Lehrer und Lehrerinnen im Bereich der Medienkompetenz zu schlecht ausgebildet werden. Das Medienthema hat in der Lehrerausbildung schlicht keinen Platz, sagt etwa Klaus Himpsl-Gutermann von der Pädagogischen Hochschule Wien. "Es ist eindeutig ein Manko. Es ist in den Verhandlungen um die Anteile in den Curricula einfach nicht gelungen."

Faßmann zur Lehrausbildung

"Da hören Sie die falschen Stimmen"

Auf die Kritik der schlechten Lehrer-Ausbildung angesprochen, sagt Faßmann: "Da hören Sie, glaube ich, die falschen Stimmen." Der ehemalige Universitätsprofessor für Geographie an der Universität Wien sagt, er wisse, dass digitale Inhalte Teil der Lehramtsausbildung seien. Faßmann nennt digitale Landkarten als Beispiel aus seinem Fach. Die Inhalte aus dem Lehrplan, die ja wesentlich weiter reichen, würden in der Ausbildung an der Uni vermittelt.

Experte widerspricht dem Minister

Das Ministerium schickt dazu eine Liste von Kursen, die digitale Inhalte vermitteln sollen. Das überzeugt Himpsl-Gutermann nicht. "Dass digitale Medien und der Umgang damit im allgemeinen Qualifikationsprofil und in den Querschnittskompetenzen kurz erwähnt werden, fällt in die Kategorie "no na". Entscheidend aber wäre, wie viel wird tatsächlich in den Modulbeschreibungen der verpflichtenden Bereiche an Inhalten und Zielen vorgeschrieben, und da geht es leider gegen Null."

Wenn Studierende lieber andere Schwerpunkte wählen, würden sie ganz ohne Mediendidaktik durch das Studium kommen. Medienpädagogik komme gar nicht vor, so Himpsl-Gutermann weiter.

"Lehrer ermuntern, nicht zwingen"

Bildungsminister Faßmann verteidigt die Lehrer-Ausbildung in dem Punkt. "Da vertraue ich ganz auf die Kompetenz derer, die Lehrpläne in den Universitäten gestalten. Die sind ganz nahe am wissenschaftlichen Fortschritt und die wissen ganz genau, wie man digitale Inhalte sinnvollerweise in den Lehrplänen unterbringt." Lehrer und Lehrerinnen sollen nicht verpflichtet werden, sich in diesen Fächern weiterzubilden. Wenn das Angebot attraktiv ist, werde es auch in Anspruch genommen, sagt Faßmann.

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