SchülerInnen mit iPad

APA/HARALD SCHNEIDER

Medienkompetenz

Glauben, liken, teilen

Wie gut kennen sich Österreichs Schülerinnen und Schüler im Internet aus? Können sie beurteilen, ob das, was sie im Netz lesen, sehen und hören, auch stimmt? In Sachen Medienkompetenz gibt es Aufholbedarf.

Ab Herbst wird die "Digitale Grundbildung" für 10- bis 14-Jährige und ihre Lehrerinnen und Lehrer Teil des Lehrplans sein. Zwei bis vier Wochenstunden "Digitale Grundbildung" innerhalb von vier Jahren sind dann verbindlich. Beschlossen wurde das noch von der Vorgänger-Regierung unter Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). Die Schulen können selbst entscheiden, wie sie die Lernziele umsetzen. Derzeit fehlt vielen Lehrenden dafür aber noch das nötige Know-how.

Quellenkritik im Kampf gegen Fakes

Ein zentraler Punkt bei der Vermittlung von Medienkompetenz ist der Umgang mit Falschnachrichten. Falsche oder manipulierte Informationen im Netz zu erkennen, stellt für viele Schüler ein großes Problem dar, sagen Medientrainer, die in Schulen arbeiten. Jugendliche beziehen ihre Informationen oft von sogenannten Influencern – Meinungsmachern auf YouTube oder in anderen sozialen Netzwerken, die über bestimmte Produkte oder Themen berichten und mitunter großen Einfluss auf ihre Follower ausüben.

Wo die Jugendlichen im Netz sind

Qualitätsmedien würden von Jugendlichen kaum konsumiert, sagt Wolfgang Pospischil, der für den Verein "Safer Internet" an Gymnasien Trainings abhält. Quellenkritik sei für viele völlig neu. Die Schüler müssten lernen, die richtigen Fragen zu stellen: Wer steckt dahinter, handelt es sich um eine verdeckte politische Agenda oder wird eine Meinung einer Firma propagiert? Werden Fakten behandelt, die ich auch woanders finde?

Oft sei der einzige Kontakt zu Printmedien jener in den öffentlichen Verkehrsmitteln am Weg zur Schule, in Form der Gratiszeitungen "Heute" und "Österreich". Manipulation, Falschmeldungen oder Hetze erkennen viele schwer.

Schockiert von Gratiszeitungen

Besonders im Netz seien Qualität und seriöser Journalismus für Jugendliche schwer zu bewerten. Bei Zeitungen würden sie Qualitätsunterschiede optisch leichter erkennen, sagt auch Jürgen Schacherl. Er unterrichtet Deutsch an einem Gymnasium in Bludenz und hat dort mit einer siebten Klasse ein preisgekröntes Projekt zu Fake News erarbeitet. Dafür haben Schacherls Schüler ein ganzes Magazin produziert, in dem die Fake-News-Problematik von allen Seiten beleuchtet wird – unter anderem in Interviews mit Expertinnen und Experten.

Im Rahmen des Projekts wurde auch ein entscheidender Unterschied deutlich: In Vorarlberg gibt es Gratiszeitungen wie "Heute" und "Österreich" nicht. Schacherl erzählt, er habe seinen Schülern die Zeitungen aus Wien mitgebracht und sie seien schockiert gewesen, "in welch grellen Farben dort Hetze gegen Andersdenkende betrieben wird".

Umfassender digitaler Lehrplan

Die "Digitale Grundbildung", die an Schulen ab Herbst unterrichtet werden soll, umfasst mehr als digitale Medienkompetenz. Insgesamt geht es um acht Kapitel - darunter auch Datenkompetenz, digitale Kommunikation, Sicherheit, technische Problemlösungen, Betriebssysteme oder sogenanntes "Computational Thinking", also digitales Denken bei Problemstellungen.

Wie diese Inhalte unterrichtet werden, entscheiden die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen selbst. Für viele Schulen sei das eine zusätzliche Herausforderung und vielen fehle es an Know-how, sagen Experten, wie etwa Julia Wippersberg vom Institut für Publizistik an der Universität Wien. In der Lehrerausbildung komme die Medienkompetenz zu kurz.

Wie kompetent sind die Lehrer?

Auch Klaus Himpsl-Gutermann von der Pädagogischen Hochschule Wien kritisiert, dass Medien-Fragen in der Ausbildung an den Universitäten keinen Platz hätten. "Das ist eindeutig ein Manko", sagt Himpsl-Gutermann.

Ein Manko, das Folgen hat. Jürgen Schacherl bildet auch Lehrerinnen und Lehrer fort und berichtet, dass manche Kursteilnehmer sich gerade einmal zweimal im Monat in ihrem E-Mail-Account einloggen würden. "Die sitzen da in diesen Kursen und sind völlig baff, was es alles gibt. Wie die Verrohung der Sprache überhand nimmt, dass man solche Dinge überhaupt glauben und dann auch noch teilen kann."

Kein Zusatzgeld für Medienbildung

Aber an vielen Schulen laufen auch engagierte Projekte. Um diese zu fördern, gibt es einige Initiativen des Bildungsministeriums, etwa "Mediamanual". Das Projekt bietet eine Internetseite mit Informationen für Lehrerinnen und Lehrer und organisiert einen Schülerprojekte-Wettbewerb. Um die Mittel dafür kämpfen die Vereine jedes Jahr.

Das Schulentwicklungsprojekt "eEducation" vernetzt Schulen, die digital schon sehr fit sind, mit Schulen, die hier noch aufholen müssen. Das Budget von rund einer halben Million Euro wäre beinahe gekürzt worden, obwohl damit auch Lehrer auf die "Digitale Grundbildung" vorbereitet werden sollen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bestätigt nun aber im #doublecheck Interview, dass die Mittel für "eEducation" gleich bleiben.

Großes Interesse an Weiterbildung

Die Hoffnung liegt auf den nachrückenden Junglehrern, hier ist das Interesse an der Weiterbildung gerade in Mediendingen groß. Die entsprechenden Kurse sind ausgebucht, allerdings ist die Fortbildung in diesem Bereich nicht verpflichtend. Bildungsminister Heinz Faßmann meint im #doublecheck-Interview, die Lehrer wrden gut auf die digitalen Herausforderungen vorbereitet. Wie erfolgreich der Lehrplan für "Digitale Grundbildung" an den Schulen umgesetzt werden kann, wird sich ab Herbst herausstellen.

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