Christian von Borries

BARTOSZ MROZOWSKI

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steirischer herbst

Eine Gruppe von Ö1 Club-Mitgliedern ist am 7. 10. nach einem Sektempfang und einer Werkeinführung mit Ekaterina Degot, Intendantin und Chefkuratorin des steirischen herbsts, zur Aufführung von "Land der Musik" eingeladen. Im Anschluss folgt ein Publikumsgespräch.

Der steirische herbst, Europas ältestes interdisziplinäres Festival für zeitgenössische Kunst, eröffnet am 20. 9. seine 51. Ausgabe, die bis 14. 10. unter dem Titel "Volksfronten" in Graz stattfindet. Der Titel verweist auf höchst unterschiedliche historische Kontexte – die antifaschistischen Bündnisse der 1930er Jahre, eine rechtsextreme nationalistische Gruppierung in den USA, eine ironische Bezeichnung für repräsentative Fassaden in der DDR – und thematisiert ideologische Kämpfe sowie kollabierende politische Polaritäten der Gegenwart.

Am 7. 10. hat das Auftragswerk "Land der Musik – Ein Neujahrskonzert" des deutschen Komponisten, Dirigenten und Filmemachers Christian von Borries seine Weltpremiere in der Helmut-List-Halle. Eine Gruppe von Ö1 Club-Mitgliedern ist nach einem Sektempfang und einer Werkeinführung mit Ekaterina Degot, Intendantin und Chefkuratorin des steirischen herbsts, zur Aufführung von Land der Musik eingeladen. Im Anschluss folgt ein Publikumsgespräch.

Spiel mit Klischees

Österreich versteht sich selbst gern als "Land der Musik", ein Klischee, das den Ausgangspunkt für von Borries’ Orchestersuite bildet. Der Künstler eignet sich in seiner Arbeit existierende Musik und Bilder an, resampelt sie und macht so ihre Rezeption und ihre Funktion als Werkzeuge und Spiegelungen gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Kontrolle deutlich. Im Zeitalter von Big Data werden in "Land der Musik" populäre und weniger populäre Musikstücke, die für die Konstruktion der nationalen Identität Österreichs von entscheidender Bedeutung waren, umgestaltet: Aus Neuarrangements mittels Musical Instrumental Digital Interface (MIDI) entsteht eine Collage des "Neujahrskonzerts" mit Werken Ludwig van Beethovens und Gustav Mahlers bis hin zu Klängen von Johann Strauß. Doch auch Musik von Erwin Schulhoff kommt vor, einem kommunistischen Komponisten, der während des Ersten Weltkriegs in der österreichischen Armee gedient hat. Die Walzer, Symphonien und Lieder liefern Datensätze, die ein Programm Künstlicher Intelligenz (AI) trainieren, charakteristische Merkmale herauszufiltern, um anschließend eigene Melodien zu komponieren. Die daraus resultierende Musik – vom Orchester recreation live vorgetragen – wird visuell von AI-generierten Bildern begleitet, die den Gebrauch von Musik und Bildern als Phrasen zeigen, die für Standortvermarktung und nationales Branding benutzt werden.

Gesamtprogramm

Der steirische herbst umfasst heuer an mehr als 20 Veranstaltungsorten installative, performative sowie diskursive Arbeiten von mehr als 40 Künstler/innen. Gemeinsam bilden die als Parcours konzipierten Arbeiten ein größeres Narrativ. Aus diesem Grund gibt es erstmals einen Festival-Pass, der den Eintritt zu allen Veranstaltungen des "Volksfronten"-Programms umfasst und so den mehrfachen Besuch ermöglicht. Die Festivaleröffnung gestalten die US-amerikanische Gruppe Bread and Puppet Theater mit einer Parade quer durch die Stadt, der Performer und Dichter Roman Osminkin mit Umsturz. Ein Stück für zwei Lautsprecher und die Gruppe Laibach mit ihrer Version des Musicals The Sound of Music. Es folgen Ausstellungen, Theateraufführungen und Symposien: Irina Korina etwa zeigt eine aufblasbare Landschaft in der Helmut-List-Halle, das Künstlerduo Igor & Ivan Buharov errichtet ein anarchistisches Labor im Volkshaus Graz und Yoshinori Niwa bietet in Form einer öffentlichen Kampagne an, unerwünschte Erinnerungsstücke aus der Zeit des Nationalsozialismus zu entsorgen. Auch das musikprotokoll findet – als Festival im Festival – wieder statt.

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