Goldene Nicas

Tom Mesic

Linz

Ars Electronica im Zeichen digitaler Irrtümer

Unter dem Titel "Error - The Art of Imperfection" greift das Ars Electronica Festival in Linz Irrtümer und Irrläufer - digital wie analog - unserer Zeit auf. Bis 10. September gibt es dazu in Linz Konferenzen, Ausstellungen, Performances, Konzerte, insgesamt über 500 Programmpunkte, in der PostCity am Hauptbahnhof und an weiteren Orten in der Stadt.

In den Symposien und Talks trachtet die Ars Electronica als Plattform aus Kunst, Technologie und Gesellschaft danach, das Potenzial, das in der Unvollkommenheit liegt, zu schöpfen, der künstlichen Intelligenz eine soziale entgegenzusetzen.

In den Themenausstellungen "Error in Progress" und "Error, Fake & Failure" in der PostCity, dem ehemaligen Postverteilzentrum am Bahnhof, werden der künstlerische Aspekt bzw. wissenschaftliche Projekte vorgestellt.

Das Jugendfestival "U19 - Create Your World" lädt mit 88 Projekten zum Ausprobieren und Ideen machen ein. Neu ist 2018 der Emergency Error Battle am Samstag, eine Art Feuerwehrwettbewerb für die Zukunft, bei dem ein Kabelbrand unter dem Dach der Rutschenhalle in der PostCity simuliert wird, "Himatsubushi", ein Parcours bis aufs Dach, um nach japanischem Vorbild freie Zeit zu verbringen, und eine Kooperation mit der Wirtschaftskammer "get inspired", die kleinere Unternehmen ansprechen soll.

Neben Kunst und Wissenschaft werden Wirtschaft und Industrie mehr und mehr Teil der Plattform, die sich dem Aufzeigen von Zukunftsfragen verschrieben hat.

Postcity

Das Festivalzentrum Postcity

Florian Voggeneder

"Please Recharge" - "bitte aufladen" ist der Titel des diesjährigen Beitrags des Interface-Cultures-Studiums der Kunstuniversität Linz zum Ars Electronica-Festival "Error - the Art of Imperfection". Reizüberflutung und Überforderung mit der Medienwelt sind die Themen, die in den über 20 Positionen der Ausstellung behandelt werden - manche sind gänzlich analog, andere interaktiv.

Goldene Nicas und Starts Prize in Gala überreicht

Die Sieger des Prix Ars Electronica und des Starts Prize sind Freitagabend in Linz in einer Gala im Brucknerhaus geehrt worden. Die mit Goldenen Nicas ausgezeichneten Projekte wurden aus insgesamt 3.046 Einreichungen aus 85 Ländern von Jurys ausgewählt. Heuer waren die biennalen Kategorien Digital Communities und Interactive Art an der Reihe. In ersterer heimste Bellingcat die mit 10.000 Euro dotierte Goldene Nica ein. Die weltweit agierende Recherche-Community bringt (Kriegs-)Verbrechen an die Öffentlichkeit. Sie bietet aber auch Anleitung für alle, die als Bürgerjournalisten aktiv werden wollen.

Ebenfalls partizipativ ist das Siegerprojekt in der Interactive Art, "BitSoil Popup Tax & Hack Campaign" der belgischen LarbitsSisters. Die Kampagne richtet sich gegen jene, die mit den im Internet preisgegebenen Daten aller Geld verdienen. Unter http://bitsoil.tax/campaign kann man Bots generieren, die virtuelle Protest-Postkarten an einen Regierungschef oder einen Boss der zehn größten Internetfirmen schicken. Offline wird die Teilnahme in ausgedruckten Tickets sichtbar.

Papierstreifen

BitSoil Popup Tax & Hack Campaign

Tom Mesic

Die Goldene Nica in der Computer Animation ging an Mathilde Lavenne aus Frankreich für ihre Arbeit "Tropics". Sie geht darin in der Stadt Jicaltepec Erinnerungen aus der mexikanischen Diktatur nach. Dafür benutzte sie einen Faro-Scanner, mit dem Architekten üblicherweise dreidimensionale Bilder von Gebäuden aufnehmen, und produziert spannende Aufnahmen aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel.

Five Hours of Sleep

Das siegreiche U-19-Projekt

Im U19-Bewerb setzten sich die vier Wiener HTL-Schüler Lorenz Gosa, Martin Hatler, Samuel Stallybrass und Vincent Thierry mit ihrem Spiel "Levers & Buttons" durch. In dem Kooperationsspiel sitzt ein Teilnehmer vor dem Bildschirm, der andere übernimmt den bewegungsintensiven Part an der VR-Brille. Um zu reüssieren, müssen die beiden sehr intensiv kommunizieren. Den netidee-Spezialpreis holten sich Samuel Daurer und Ämilian Mayrhofer mit ihrer Musik-Suchmaschine "out of tune".

Visonary Pioneer of Media Art wurde heuer das Leonardo-Netzwerk, eine der traditionsreichsten und weltweit führenden Plattformen für Kunst, Wissenschaft und Technologie. 1968 erschien das erste Leonardo-Journal, die Community wuchs über die Jahre, zusätzliche Formate entstanden. Roger Malina, Sohn des Gründers Frank und aktueller Herausgeber, übernahm den Preis. Er war auch 1990 am Aufbau der interactive-art-Kategorie des Prix beteiligt.

Der Starts Prize der EU-Kommission zeichnet Kooperationen zwischen Wissenschaft, Technologie und Kunst aus. 2.344 Projekte aus 88 Ländern wurden für den von Ars Electronica, dem Brüsseler Museum BOZAR und der Amsterdamer Waag veranstalteten und mit insgesamt 40.000 Euro dotierten Preis eingereicht.

In der Kategorie Innovative Collaboration setzten sich das niederländische Technologie-Start-up MX3D und das Joris Laarman Lab durch. Sie produzieren die weltweit erste voll funktionsfähige Stahlbrücke aus dem 3-D-Drucker. Das 12,5 Meter lange und 6,3 Meter breite kunstvoll geformte Bauwerk soll künftig Amsterdams ältesten Kanal, den Oudezijds Achterburgwal, überspannen.

Hörtipp

Das Ö1 Kunstradio sendet am Sonntag live vom Ars Electronica Festival aus Linz.

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