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Zum 100. Geburtstag des Philosophen Louis Althusser
Louis Althusser war ein wesentlicher Repräsentant des französischen Strukturalismus, den er mit dem Marxismus verband. Die Formung des Individuums durch die Staatsmacht stand im Zentrum seines Denkens. Er analysierte die Abhängigkeit des Einzelnen von den ökonomischen und ideologischen Strukturen im kapitalistischen System.
15. November 2018, 02:00
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Dimensionen | 16 10 2018
Louis Althusser bekämpfte den Humanismus – "alle diese Herzensschreie der menschlichen Person". Speziell wandte er sich gegen Jean-Paul Sartre, der den Marxismus um den Existenzialismus erweitern wollte. Dagegen stellte Althusser den Antihumanismus, der die Autonomie des Individuums leugnet.
Für Althusser war Karl Marx der erste Theoretiker, der den Gesamtzustand des Kapitalismus wissenschaftlich interpretierte. In den 1960er Jahren entwickelte er die These vom wissenschaftstheoretischen Bruch im Werk von Marx. Diese These besagt, dass sich Marx um 1845 von seinen humanistischen Frühschriften abgewandt habe, um zur Wissenschaft vorzudringen.
"Warum kämpfen die Menschen für ihre Knechtschaft, als wäre sie ein Glück?"
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Louis Althusser
An die Stelle von Begriffen wie Entfremdung traten Begriffe wie Produktionsverhältnisse oder Ideologie. Die Formung des menschlichen Individuums durch die Staatsmacht stand im Zentrum von Althussers Denken. Er analysierte die Abhängigkeit des Einzelnen von den ökonomischen und ideologischen Strukturen, die das kapitalistische System ausgebildet hat. Institutionen wie Schule, Kirche oder Familie – die sogenannten ideologischen Staatsapparate – konstituieren die Identität der Individuen. Die Menschen erliegen der Illusion, die vorgegebenen Normen selbst geschaffen zu haben, internalisieren sie und engagieren sich dafür.
Anders als Michel Foucault, laut dessen Repressionsthese diese Institutionen Agenten einer Disziplinierung sind knüpfte Althusser an eine Frage an, die bereits der Philosoph Baruch de Spinoza im 17. Jahrhundert gestellt hat. Sie lautet: "Warum kämpfen die Menschen für ihre Knechtschaft, als wäre sie ein Glück?" Althusser übernahm diesen Gedanken und fragte sich, wie es möglich sei, dass gleichsam "jedes Subjekt reibungslos funktioniert, ohne dass er einen Gendarmen um sich habe". Die Individuen, die von verschiedenen Ideologien geformt werden, begrüßen diesen Unterwerfungsakt.
Ideologien "machen aus Individuen Subjekte".
Das Subjekt ist für Althusser ein Untertan, der glaubt, freiwillig zu handeln. Das Subjekt ist also nichts Ursprüngliches, sondern das Resultat unterschiedlicher ideologischer Formationen. Ein Ausbrechen aus diesen totalitären Strukturen ist laut Althusser nicht möglich; das Subjekt agiert immer in den Formationen der Ideologien. Diese Ideologien "machen aus Individuen Subjekte", wie es Althusser auf den Punkt brachte.
"Da ich nicht wirklich existierte, war ich im Leben nur ein Kunstgriff-Wesen, ein Nichts-Wesen."
Die philosophische Arbeit Althussers wurde von schweren, länger andauernden Depressionen und Aufenthalten in verschiedenen psychiatrischen Kliniken begleitet. Trotz seiner Rolle als "marxistischer Stardenker" des Strukturalismus war sein "Leitmotiv" die Einsamkeit, die er seit frühester Jugend kannte. Begleitet wurde dieses Grundgefühl von der Überzeugung einer Nichtidentität. "Da ich nicht wirklich existierte, war ich im Leben nur ein Kunstgriff-Wesen, ein Nichts-Wesen."
In seiner Autobiografie Die Zukunft hat Zeit bezeichnete Althusser sein Leben als Selbstzerstörungsprozess, der seinen Höhepunkt 1980 in der Ermordung seiner Frau Hélène erreichte. Er selbst konnte sich an die Tat nicht erinnern und wurde in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen, nach drei Jahren wieder entlassen. Als bereits "subjektiv Toter" verstarb Althusser am 22. Oktober 1990.