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Der König ist tot, lang lebe die Königin
House of Cards Season 6
Vor etwas mehr als einem Jahr, im Oktober 2017, wurde der amerikanische Schauspieler Kevin Spacey erstmals sexueller Übergriffe beschuldigt. Netflix, die Produktionsfirma seiner Erfolgsserie "House of Cards" zögerte nicht und trennte sich innerhalb von nur 24 Stunden von seinem Star und Hauptdarsteller. Seitdem fragen sich nicht nur deklarierte Fans der Polit-Serie rund um den von Spacey gespielten Ober-Intriganten im Weißen Haus, Frank Underwood, ob und wie House of Cards weitergehen wird.
3. Dezember 2018, 02:00
Dass es weitergeht, stand früh fest und ab heute startet bei Netflix – hierzulande hat sich Sky die Exklusivrechte gesichert – die finale Staffel der mit sieben Emmys und zwei Golden Globes ausgezeichnete Serie.
Each one of us has to defend our destiny. pic.twitter.com/rNjoIZfZ47
— House of Cards (@HouseofCards) October 8, 2018
"Der König ist tot, lang lebe die Königin" - nach Kevin Spaces Fall ließen ihn die kreativen Macher von House of Cards kurzerhand nicht mehr aufwachen. Francis Underwood stirbt schnörkellos in seinem Bett. Serien-Gattin und Vizepräsidentin Claire Underwood machte schon vorher deutlich, wer nun das Sagen hat. "My turn!" kündigte sie zum Ende der fünften Staffel mit festem Blick in die Kamera an.
"My Turn!"
Dass Claire Underwood die erste Präsidentin der USA werden würde, war immer schon der Plan, so Hauptdarstellerin, Produzentin und Teilzeit-Regisseurin Robin Wright. "Der Bogen der Geschichte war von Anfang an so ausgelegt. Diese Staffel geht nun Claires Ankündigung nach, dass nun sie an der Reihe wäre."
"House of Cards" hievte Netflix in die Serien-Champions League und galt lange als besonderes Juwel des gefeierten Goldenen Serienzeitalters. Fünf Jahre lang saß Spacey als Frank Underwood auf dem Thron der Serie, kontrollierte, intrigiert und eliminierte. Ihn völlig beiseite zu schieben war nie eine Option, so Frank Pugliese, einer der Hauptverantwortlichen. "Seine Präsenz ist auch in dieser Staffel noch spürbar. Es wäre auch unverantwortlich, zu leugnen, dass er je existierte."
Mit Machiavelli Richtung großer Oper
Die Produktion der finalen Staffel begann am 31. Jänner 2018 in Baltimore. Weiterhin geht es um Macht und Ränkespiele, um Einfluss und Intrige - die politische Bühne gleicht hier mehr denn je der großen Oper und Robin Wright bemüht gar den Philosophen der Macht Niccolo Macchiavelli als Inspiration und Referenz. "Wir wollten so opernhaft, so dramatisch und so machiavellistisch sein wie nur möglich."
Die amerikanische Oligarchie
Diesmal wird die Macht nicht nur weiblicher, es geht auch um eine drohende Aushöhlung der amerikanischen Demokratie durch den Einfluss weniger Superreicher. Wie immer greift die Serie aktuelle Themen auf. Denn tatsächlich kommen die 400 reichsten Amerikaner, fast immer weiße Männer über 70, auf mehr Vermögen als das Bruttoinlandsprodukt von Italien oder Frankreich. Claire Underwood verheddert sich als Präsidentin denn auch in den Fängen eines solchen Oligarchen-Clans, der Familie Shepherd.
Neue Akzente vertreiben Spaceys Schatten
Achtmal noch wehen die Fanfaren der Titelmelodie durch Amerikas Korridore der Macht bevor in drei Wochen die Folge "Vermächtnis" dieses Kapitel Serien-Geschichte endgültig beschließt. Robin Wright, die bei der allerletzten Folge Regie führte, verspricht nichts weniger als einen veritablen Schock zum Abschluss. "Was wir da vorbereitet haben, wird die Zuseher wirklich erschüttern." Der Schatten Kevin Spaces mag über dieser Staffel hängen, doch die spielt sich dennoch frei und schafft es, der zuletzt routiniert und schal gewordenen Geschichte frische Akzente abzutrotzen.