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Die Kunst des Schlafens

In den östlichen Philosophien und Religionen wurde der Schlaf als der eigentliche, wahre Zustand des Menschen dargestellt, in dem Individuum und Universum eins sind. Der chinesische Philosoph Chuang Tzu schrieb 300 v. Chr.: "Alles ist eins; im Schlaf ist die Seele ungestört und aufgenommen in diese Einheit; im Wachen hingegen ist sie abgelenkt und sieht die verschiedenen Gegebenheiten der Welt."

Schlafgewohnheiten

Wir Menschen verbringen circa ein Drittel unseres Lebens mit Schlafen-durchschnittlich sieben bis acht Stunden pro Tag, Tendenz fallend. "Ein gesunder Mensch wird, wenn er durch nichts gehindert wird, am Abend eines jeden Tages müde und schläft jede Nacht sechs bis sieben Stunden lang", schrieb der deutsche Gelehrte Georg Friedrich Hildebrandt 1803 in seinem Lehrbuch der Physiologie.

Vor einem Jahrzehnt wurden jedoch alarmierende Zahlen zu den Schlafgewohnheiten in der westlichen Welt publiziert. Bei einer in den USA zwischen 2004 und 2007 durchgeführten Erhebung gab ein Drittel der erwerbstätigen Personen an, pro Nacht weniger als sechs Stunden zu schlafen.

Männer schlafen in einer Wartehalle auf ihre Koffer gestützt

ÖNB

Wie wir schlafen, mit wem wir den Schlafplatz teilen und wo wir schlafen, ist jedoch abhängig von Kultur und Gewohnheit und Teil der Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. So schliefen etwa während des größten Teils der Menschheitsgeschichte Babys und Kinder bei ihren Müttern oder suchten bei beiden Elternteilen die Geborgenheit des Schlafs.

Das eigene Schlafzimmer - ein Privileg

Selbst wenn private Schlafzimmer für uns heute zur Selbstverständlichkeit geworden sind, waren diese bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch luxuriöse Ausnahmen und ausschließlich ein Privileg der Adeligen und reichen Oberschicht.

Dagegen waren viele Familien aus den unteren sozialen Schichten schon allein aus ökonomischen Gründen genötigt, in einem einzigen Zimmer zu wohnen, das zugleich als gemeinsame Schlafstatt diente. Oft waren sie zudem gezwungen, Bettgeher/innen bei sich aufzunehmen-Schichtarbeiter/innen, die sich aus Platz- und Kostengründen ausschließlich für die Stunden ihres Schlafs in Privatzimmern einquartierten.

 	Frühling im Stadtpark, zwei Männer in dicken Mänteln sitzen in der Sonne und schlafen

ÖNB

Schlaf als Notwendigkeit

Ein großer Bruch in der Geschichte des Schlafs vollzog sich im Zweiten Weltkrieg. Das war der Zeitpunkt, an dem plötzlich klar wurde: Soldaten funktionieren nicht mehr, wenn sie nicht ordentlich schlafen können. Dann sind sie nicht mehr fähig, treffsicher zu schießen, entwickeln Angstzustände und drohen psychisch labil zu werden.

Besonders deutlich wurde die Wichtigkeit eines erholsamen Schlafs in Feldpostbriefen, die die Soldaten von der Front an ihre Angehörigen schrieben: "Ich bin so müde, ich kann eigentlich nicht mehr. Das Einzige, wovon ich noch träume, ist Schlaf, ich muss schlafen!" Das führte unweigerlich zu der Frage, wie man den Schlaf so organisieren kann, dass der Mensch seine maximale Leistungsfähigkeit erreicht.

Choreografie des Schlafes

Auch wenn es in der Wissenschaft noch viele offene Fragen in Bezug auf den Schlaf gibt, weiß man, dass beim Schlaf-wie bei den meisten körperlichen Zuständen-eine Vielzahl physiologischer Mechanismen zusammenwirkt.

Schlaf wird vom Hirnstamm gesteuert, der sich im Austausch mit dem Herzen, den Lungen, den Muskeln um das Zwerchfell, die Rippen und jenen Organen befindet, die Hormone produzieren-alles Systeme, die die Choreografie des Schlafes überwachen und regulieren. Wissenschaftlich erforscht konnte diese Choreografie des Schlafes erstmals mit der Entwicklung der Elektroenzephalografie werden, mit dem Messen von Gehirnströmen mittels Elektroden.

1953 publizierten Forscher der Universität Chicago ihre Entdeckung der sogenannten REM-Phasen, während deren sich die Augen schnell bewegen (Rapid Eye Movement), der Muskeltonus sinkt, Blutdruck und Puls steigen-und wir träumen.