Bilderbuch

HENDRIK SCHNEIDER

Onlinealbum

Bilderbuch veröffentlicht "Mea Culpa"

Eine vorweihnachtliche Überraschung gab es gestern Nacht für Fans der österreichischen Band Bilderbuch: "Mea Culpa", das neue Album der Band, wurde nämlich ohne große Ankündigungen im Internet veröffentlicht.

Fast zwei Jahre nach dem Vorgänger "Magic Life" liegt also ein neues Werk der Amadeus-Gewinner vor. Dabei ist "Mea Culpa" nur der erste Teil der freudigen Bilderbuch-Botschaft - "Vernissage My Heart", Teil zwei des Album-Pakets der Band, kommt nämlich am 22. Februar 2019. Dann wird es auch "Mea Culpa" in physischer Form geben. Bis dahin gibt’s die neun neuen Lieder nur im Internet. Und genau dieses Internet spielt auch auf "Mea Culpa" eine Hauptrolle.

Morgenjournal | 04 12 2018

David Baldinger

Aus dem Bungalow in die After-Hour-Bar

Bilderbuch schalten einen Gang zurück, dimmen das Licht und laden zum entspannten Verweilen in ihre neu eingerichteten "Mea Culpa"-Lounge. "Ich will nicht mehr in erster Linie so herausfordernd sein", sagt Sänger Maurice Ernst im Ö1 Interview während der Entstehungsphase des neuen Albums. "Die ganze Platte soll sich ein bisschen wohliger anfühlen und trotzdem Style und Edginess haben."

Ganz bewusst setzten sich die vier Musiker neben der etablierten Erfolgsspur aus und vertrauten der schon bisher einzigen verlässlichen Orientierungshilfe - dem Bauchgefühl der Band. "Bilderbuch basiert ja auch auf der Idee, dass man seinem Gefühl ein bisschen nachgehen kann. Man kann ohnehin nicht aus seiner Haut", erklärt der Sänger. Und so klingt diese schummrige After-Hour-Bar nach wie vor unverkennbar nach Bilderbuch.

Flüchtige Liebe in Zeiten des Internets

Eineinhalb Jahre lang haben die vier an den Stücken von "Mea Culpa" und der im kommenden Februar erscheinenden Schwester-Platte "Vernissage My Heart" gefeilt und sich dafür eigens einen neuen Arbeitsplatz geschaffen. "Studio wäre wohl ein zu großes Klischee - es war eher so eine Mischung aus Wohnzimmer, Atelier, Home-Studio und in Wahrheit schlicht einem Raum, wo wir uns treffen können."

Manche der neuen Lieder geben sich oberflächlich und beim ersten Hören fröhlicher als sie tatsächlich sind. Ernsts Texte pendeln zwischen beiläufig erzählten Anekdoten und seinen bekannt reduzierten Sprach-Illustrationen, die diesmal um Einsamkeit, Leben und Liebe in Zeiten des Internets kreisen. Assoziative Zeitgeist-Collagen, in denen alles erlaubt ist, so lange die poetische Textur die Idee des Songs unterstützt. Flüchtig, brüchig und fragil wie die von Ernst besungene Online-Realität sind auch viele der Sounds auf "Mea Culpa". Manchmal wirkt die Musik lose und improvisiert, ist unter diesem Schleier aber so raffiniert ausstaffiert, dass jedes Hören neue Schattierungen freilegt.

Entspannte Selbstvergessenheit

Dabei ist "Mea Culpa" eine Platte, die man gar nicht konzentriert hören muss. Denn diese neun Songs zelebrieren die Idee eines langen Augenblicks der entspannten Selbstvergessenheit. Elegantes Lungern à la Bilderbuch. Ernst nennt denn auch ein Wort, das man vom Maschin-Sänger nicht unbedingt erwarten konnte: Lounge. "Es geht um den Moment, in dem man sich zurücklehnt und eigentlich fällt es einem gar nicht auf."

Abgerundet wird dieser Longdrink von einem Album mit einem Lied, das noch einmal programmatisch die Essenz dieser Philosophie destilliert: "Aloe Vera". Immer noch funky und komplex, immer noch frisch und extrovertiert - dabei aber höchst unaufdringlich und wohltuend temperiert. "Mea Culpa" lädt ein in die regenerative Bilderbuch-Lounge. Aloe Vera für die Ohren.

Gestaltung