René Benko

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Medien

Der talentierte Herr Benko greift an

Mit dem milliardenschweren Unternehmer René Benko ist jetzt ein neuer Spieler auf dem Feld der Medien aufgelaufen. Beste Kontakte zu allen politischen Lagern, sehr eng mit dem Kanzler, Geld wie Heu - Benko hat beste Voraussetzungen, um auch im Zeitungsgeschäft eine ganz große Nummer zu werden. Die Zukunft auch von Print liegt im Digitalen - und da hat der Tiroler, dessen Signa-Gruppe nicht nur Immobilien, sondern auch große Online-Portale besitzt, viel Know-how.

"Wenn wir überzeugt sind, dass etwas klappt, dann bereiten wir uns gut vor und greifen an." Das hat der Tiroler Unternehmer und Immobilien-Milliardär im Oktober dem Düsseldorfer Handelsblatt gesagt. Eines seiner ganz seltenen Interviews - es ging darin um die Fusion von Karstadt und Kaufhof, die René Benko zum deutschen Warenhauskönig gemacht hat. In Österreich will er jetzt Medienzar werden, und auch hier hat er ohne Rücksicht auf Verluste angegriffen.

"Medien sind jetzt das neue Fußball"

Jeweils ein knappes Viertel der "Kronen Zeitung" und des "Kurier" gehören Benko jetzt, die Familie Dichand als Hälfte-Eigentümerin der "Krone", hat er voll ausgebremst und vor vollendete Tatsachen gestellt. Alle Welt rätselt, was der Signa-Chef mit den Anteilen vorhat. Interviews dazu gibt er nicht. Der Medienberater Peter Plaikner sagt: "Medien sind das neue Fußball. So wie Neureiche und Oligarchen seit Jahren in traditionsreiche Fußballvereine investieren, haben sie begonnen, in Medien zu investieren."

Reiche kaufen sich Macht und Prestige

Benko hat mit Fußball nichts am Hut, wie er selber sagt. Der Einstieg ins Mediengeschäft erscheint daher nur logisch. In Ungarn und der Türkei bekommen Businessleute Medien ja von Autokraten zugeschanzt, in Frankreich – dort hat der Rüstungsindustrielle Serge Dassault unter anderem die Zeitung "Le Figaro" gekauft - und in den USA waren wieder andere Motive für den Einstieg von Reichen ins Mediengeschäft maßgeblich.

ORF/Rosanna Atzara

ORF/ROSANNA ATZARA

Für Amazon-Gründer Jeff Bezos als bekanntestes Beispiel war es eine Prestige-Sache - er hat die "Washington Post" gekauft, massiv in den digitalen Bereich investiert und die Zeitung wieder groß gemacht. René Benko haftet immer noch ein wenig das Etikett des Immobilienspekulanten an, und da kann Prestige nicht schaden.

Immobilieninvestor braucht Politiker

Reinhard Göweil, Herausgeber von "finanznachrichten.at" und Kenner des Signa-Konzerns, sieht noch einen Aspekt: "Ein Immobilien-Investor in dieser Größenordnung benötigt politische Entscheidungsträger aus praktisch jeder Ebene – die Gemeinde für Widmungssachen, den Bund – also Regierung und Nationalrat - bei Fragen der Immobilienbesteuerung und Mietrecht. Mit dem Einstieg in die größte und drittgrößte Kaufzeitung Österreichs hat sich Benko einfach politische Macht gekauft."

Nach dem Törggelen zum Italiener

Dabei hat Benko schon bisher beste Kontakte zur hohen Politik gehabt. Als er vor einem Jahr in einer Blitzaktion die Zentrale der Möbelhauskette Leiner in Wien gekauft hat, schaltete sich Bundeskanzler Sebastian Kurz persönlich ein, um das zwischen den Feiertagen möglich zu machen. Selbstverständlich kommt Kurz auch, wenn Benko einem Südtiroler Brauch folgend zum Törggelen einlädt wie zuletzt Mitte November. Danach saßen der Kanzler und der Tycoon übrigens noch bei einem Nobel-Italiener in der Wiener Innenstadt zusammen.

Dichand geht Benko noch aus dem Weg

Christoph Dichand, der "Krone"-Chef, meidet solche Anlässe derzeit. Er geht Benko aus dem Weg. Jedes gemeinsame Foto würde die Spekulationen anheizen, wie es jetzt mit der "Krone" weitergeht. Und das ist für den Sohn, der das Erbe des Vaters und Zeitungsgründers Hans Dichand bewahren will, noch nicht ausgemacht. Genaugenommen geht es um die Vetriebsgesellschaft Mediaprint, über die Benko an "Krone" und "Kurier" beteiligt ist. Er kann mit seinem Viertel-Anteil dort nichts bestimmen, aber im besten Fall kann er viel bewegen.

"Beginn einer wunderbaren Freundschaft"

Und das geht nur mit Dichand und nicht gegen ihn. Genau das ist auch die Überlegung Benkos: Er will nach #doublecheck Informationen das Einvernehmen mit den Dichands suchen, nach dem Muster: Christoph Dichand bestimmt weiter die Linie des Blattes - und Benko krempelt das Haus um. Binnen eines Jahres sollen die Veränderungen sichtbar werden. Der Tiroler Selfmademan traut sich zu, die jahrzehntelange Blockade durch die Gesellschafterverträge in der Mediaprint aufzulösen. Und es soll sogar Mitglieder der Familie Dichand geben, die das wohlwollend registriert haben. "Das könnte durchaus der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein", schmunzelt Branchen-Kenner Göweil.

Benko will die Mediaprint umkrempeln

René Benko wird Überzeugungsarbeit leisten müssen. Das sollte aber nicht so schwer sein, meinen Mediaprint-Insider. Die Krone-Kurier-Firma hat in guten Zeiten 70, 80 Millionen Euro Gewinn gemacht, jetzt rückt sie nahe an die 10 Millionen heran - das ist der Gewinn, der den Dichands durch die Gesellschafterverträge, die aus der Zeit gefallen sind, garantiert ist. Wird dieser Gewinn nicht erwirtschaftet, dann müssen die deutschen Partner und jetzt auch deren neuer Teilhaber Benko in die Tasche greifen. Benko hat also jedes Interesse an einer Neuaufstellung.

Die kolportierten 100 Millionen Euro für das knappe Viertel an der Mediaprint hat Benko quasi aus der Portokassa bezahlt, sagt Reinhard Göweil: "Wegen der niedrigen Zinsen wird gerade wahnsinnig viel in Immobilien investiert, entsprechend hoch sind die Gewinne der Signa." Benko habe den Einstieg in die Mediaprint mit weniger als dem Halbjahresgewinn von heuer bezahlen können, schätzt Göweil.

"Einige Millionen pro Jahr sind drin"

Damit sich das Investment rentiert, muss Benko in der Mediaprint umrühren. Da sind laut Insidern noch einige Millionen pro Jahr drinnen. Teure Verträge mit Mitarbeitern, die nie jemand antasten wollte. Fehlende Synergien bei den Online-Auftritten, Versäumnisse bei der Digitalisierung. Eine spezielle Herausforderung für Benko ist die Gewinnaufteilung im Verhältnis 70 "Krone" zu 30 "Kurier". Das ist den Dichands schon lang ein Dorn im Auge. Denn der deutlich weniger profitable "Kurier" überlebt durch diese Konstruktion, ohne sein Geschäftsmodell grundlegend hinterfragen zu müssen.

Die schiere Größe als Trumpfkarte

Fazit von Medienberater Peter Plaikner: "Speziell bei der "Kronen Zeitung", aber auch beim "Kurier" ist ein enormes Modernisierungspotenzial vorhanden, schon aufgrund ihrer Größe." Diese Größe drückt sich in einer Zahl von Abonnenten aus, die ihresgleichen sucht und für Boulevardblätter besonders unüblich ist. Mehr als 600.000 Österreicher haben ein Krone-Abo, noch einmal 100.000 beziehen laut Auflagenkontrolle täglich fix den "Kurier". Beide Blätter zusammen erreichen nach der Mediaanalyse an die drei Millionen Österreicher, das hat für die Signa mit ihrer Handelssparte natürlich einen Reiz. Stichwort Werbung.

Datenschatz von 700.000 Abonnenten

Aber Werbung kann man auch buchen, da muss man nicht gleich ein Medienhaus kaufen. Immer wieder werden deshalb die 700.000 Abos ins Spiel gebracht - ein Datenschatz, der nur gehoben werden müsse, heißt es. Die Frage ist wie. Ein Blick in die online abrufbare Datenschutzinformation der Mediaprint zeigt jedenfalls, dass der Verlag alle Abonnenten-Daten verarbeitet, die er nur kriegen kann - bis hin zu Interessen, "Beziehungen zu anderen Personen" und dem "Kampagnenverhalten" der Leser.

Großes Netz für die Hauszustellung

Benko will Offline und Online perfekt vernetzen, wie es im einzigen offiziellen Statement seiner Signa-Gruppe zum Krone-Kurier-Einstieg heißt. Da kann wiederum die Hauszustellung der Mediaprint hilfreich sein. Die reicht bis vor die Wohnungstüren von 700.000 Haushalten, jeden Tag. Auch das ist ein Schatz - so wie die 15 Millionen Stammkunden von Kaufhof und Karstadt, die über eine Kundenkarte verfügen. Auf die hat Benko im aktuellen Interview mit dem Handelsblatt ganz ausdrücklich hingewiesen.

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