
Carlsen Verlag
Buchillustration
Lisbeth im "Harry Potter"-Land
Die österreichische Kinderbuchillustratorin Lisbeth Zwerger illustriert Joanne K. Rowlings "Die Märchen von Beedle dem Barden".
18. Jänner 2019, 02:00
Kulturjournal | 18 12 2018
Kulturjournal | 18 12 2018
Der Kosmos, den die britische Kinderbuchautorin Joanne K. Rowling vor 20 Jahren mit der Harry Potter Reihe erschaffen hat reicht weit über die sieben "Harry Potter"-Bände hinaus und umfasst zahlreiche Begleitwerke - wie etwa das fiktive Lehrbuch "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind", dessen zweiter verfilmte Teil gerade die heimischen Kinokassen erobert, aber auch die Märchensammlung "Die Märchen von Beedle dem Barden".

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Dieses Buch, vor genau zehn Jahren veröffentlicht, ist nun als prächtig illustriertes Märchenbuch im Carlsen Verlag neu erschienen, die Zeichnungen dazu stammen von der österreichischen Kinderbuchillustratorin Lisbeth Zwerger, die für ihre Illustrationen unter anderem mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuch- Illustrationspreis oder der Hans-Christian-Andersen-Medaille, der höchsten internationalen Anerkennung für Kinderbuchillustration ausgezeichnet wurde.
Der fremde Kosmos
Die Welt des Harry Potter war der 64jährigen Lisbeth Zwerger bis vor kurzem noch ziemlich egal. Als Kinderbuchillustratorin war sie vor allem in den Märchenwelten von E.T.A. Hofmann, Hans Christian Andersen, den Gebrüdern Grimm oder Oscar Wilde zuhause. Bis sie eine Anfrage aus den USA erhielt. Vom amerikanischen Scholastic Verlag, wo man aufgrund ihres langjährigen Verlegers Michael Neugebauer, von ihr gehört hat, kam das Angebot, doch die Märchensammlung "Beedle der Barde" von Joan K. Rowling illustrieren.
Lange zögern durfte sie nicht. "Ich musste sofort anfangen, denn ich hatte eine Deadline. Aber in dieser Zeit hab‘ ich mich in den Kosmos Harry Potter begeben, es war fantastisch, ich bin ein glücklicher Mensch, seit ich die Bücher gelesen habe und ich wünschte, es würde eine Fortsetzung geben", sagt Zwerger.
Ein würdiges Märchenbuch
Nur neun Monate bekam sie vom Verlag Zeit, um das 150 Seiten dicke Baby auf die Welt zu bringen. Und, die sonst sehr selbstkritische Künstlerin, die ihren Nussknacker von E.T.A Hoffmann gleich zweimal illustriert hat, weil sie mit dem ersten nicht zufrieden war und die ihren Pinocchio aus 1978 "schrecklich" findet, ist diesmal durchaus stolz auf das Ergebnis.
Und tatsächlich ist der großformatige, nachtblaue "Beedle"-Band ein würdiges Märchenbuch geworden. Mit zarten Tuschestrichen, Bleistift und gedeckten Aquarellfarben, romantisch und leicht skurril ergänzt und vervollständigt Zwerger mit ihren Bildern, die manchmal recht nüchterne Sprache J.K. Rowlings. Etwa die Geschichte von Babbitty Rabbitty und dem gackernden Baumstumpf oder die Parabel von den drei Brüdern, die im siebenten und letzten "Harry Potter"-Band vorkommt.
Auf den Seiten finden sich fliegende Pferde und tanzende Könige, ein schmaler Tod in einer endlosen Winterlandschaft, wehende Leintüchern und wallende Gewänder und oder ein aufgeblähtes weißes Wurmungeheuer, dem sich der Ritter Sir Luckless mutig entgegenstürzt. Dazwischen immer wieder Bilder von Albus Dumbledore, dem Schuldirektor, der das fiktive Märchenbuch um ebenso fiktive Kommentare ergänzt.

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Die Filme hat sich Lisbeth Zwerger ganz bewusst nicht angeschaut, um bei ihrem Entwurf für Dumbledore nicht beeinflusst zu werden. "Mein Albus hat einen markanten Schnauzbart und unglaubliche Augenbrauen und trotzdem schaut er nicht komisch, sondern ernst zu nehmend aus", sagt Zwerger.
Kein Kontakt mit J.K. Rowling
Zu J.K. Rowling selbst - die vor 20 Jahren mit Harry Potter, nicht nur eine Figur samt Geschichte, sondern ein bis ins Detail geplantes Fantasieuniversum erschaffen hat, an dem es sich nebenbei gut verdienen lässt, ist Lisbeth Zwerger persönlich nie vorgedrungen.
"Angeblich hat sie gesagt, dass es ihr gefällt, ich hab keine Ahnung und keinen Kontakt mit ihr gehabt, und mit ihrer Agentur hab ich auch nichts zu tun gehabt, aber der Verlag musste immer meine Entwürfe der Autorin schicken, damit die das gutheißen, und etwaige Zauberfehler ausmerzen."
Kinderbücher haben's schwer
Ob sie vom großen Namen der J.K. Rowling mitprofitieren wird, weiß Lisbeth Zwerger noch nicht. Ein wenig hofft sie, dass die Aufmerksamkeit, die man mit dem "Beedle" erreiche, abfärbe auf ihre anderen Bücher.
"Dass ich neue Kundschaft bekomme, denn die Kinderbücher haben es nicht leicht, die Auflagen sind stark zurückgegangen. Hier gab es im deutschen Raum eine Erstauflage von 6.000 Büchern, das ist für heutige Begriffe wahnsinnig hoch, früher war das ganz normal."
Höchste Auszeichnungen
Zwergers Erstlingswerk - "Das fremde Kind" von E.T.A. Hofmann aus dem Jahr 1977 wurde heuer vom Inselverlag neu verlegt - und ist eine spannende Zeitreise, die zeigt, wie sich auch ihr Zeichenstil in über 40 Jahren verändert hat. Dass sie zu den berühmtesten Kinderbuchillustratorinnen der Welt zählt, zeigt unter anderem die höchste Auszeichnung in diesem Bereich - der Hans Christian Andersen Preis, und für den hochdotierten Astrid Lindgren Gedächtnispreis, den einst Christine Nöstlinger erhalten hat, ist sie zumindest fast jährlich nominiert.
"Nominiert kann man ja leicht werden, kriegen muss man erst einmal …", lacht Lisbeth Zwerger, und vielleicht gelingt dieses Zauberkunststück ja mit dem neuen Märchenbuch.